Die Einschläge am Immobilienmarkt kommen näher

von Redaktion

Nach ein paar guten Wochen an der Börse konnte sich der deutsche Leitindex Dax etwas unmotiviert bei rund 14 500 Punkten stabilisieren. Der Jahresverlust reduzierte sich damit auf weniger als zehn Prozent. Das sah schon mal deutlich schlimmer aus. Aber: Nicht überall kann von Entwarnung gesprochen werden. Besonders im Segment der Immobilienaktien läuft es weiter desaströs.

Zuerst hat es die aggressiven Immobilienentwickler erwischt, die Aktie der Adler Group liegt seit ihrem Hoch 97 Prozent im Minus. Dann kam die private Immobilienfinanzierung unter die Räder, die Aktie von Hypoport hat etwa drei Viertel verloren. Inzwischen sind die Verluste bei den klassischen Immobilienkonzernen angekommen, Vonovia und LEG Immobilien haben etwa die Hälfte an Wert verloren. Diesen Dienstag hat dann die TAG Immobilien angekündigt, die Dividende auszusetzen, die Aktie brach noch mal ein und liegt nun 75 Prozent unter ihrem Höchstkurs. Die drei genannten Immobilienkonzerne vermieten zusammen etwa 750 000 Wohnungen mit Schwerpunkt in deutschen Metropolregionen und sind durchaus repräsentativ für den Wohnimmobilienmarkt in Deutschland.

Betrachtet man deren Probleme genauer, zeigt sich das immer gleiche Bild: Die Vermietung läuft gut, der ohnehin geringe Leerstand geht weiter zurück, auch die Mieten bleiben auf hohem Niveau. Das Problem der Konzerne ist ein anderes: nämlich die abgehobenen Bewertungen der Bestandsimmobilien. Der bei einem Verkauf erzielbare Marktwert von Immobilien ist deutlich gefallen, während gleichzeitig die Finanzierungskosten gestiegen sind.

Privatanleger mit Wohnimmobilien-Aktien im Depot sollten hier hellhörig werden. Geht man auf die einschlägigen Immobilienportale, so werden dort nach wie vor astronomische Bewertungen für 08/15-Wohnimmobilien in den bayerischen Städten und deren Einzugsgebiet aufgerufen. 6000 bis 10 000 Euro pro Quadratmeter sind zum Beispiel in München bei halbwegs guten Objekten die Regel. Die Mietrenditen liegen damit selbst bei bester Vermietung nur bei etwa zwei Prozent vor Abschreibung, sind also sehr niedrig. Demgegenüber stehen Finanzierungskosten, die in kürzester Zeit von unter einem auf über vier Prozent gestiegen sind. Selbst wenn es einzelne Käufer geben mag, die wesentlich mit Eigenkapital kaufen, den breiten Markt stellen Käufer mit 60 bis 80 Prozent Fremdfinanzierung und diese fallen bei den bisherigen Bewertungen komplett aus. Die Bundesbank warnte schon 2021 vor einer Blase und sprach von einer Überbewertung von 30 Prozent am Immobilienmarkt.

Auf München bezogen bedeutet dies, dass aus zum Beispiel 8000 Euro pro Quadratmeter nur noch rund 6000 Euro werden. Aber selbst das ist bei den gestiegenen Finanzierungskosten noch nicht attraktiv. Insofern lehren Immobilienaktien zurzeit vor allem eines: auf die Bewertungen deutscher Wohnimmobilien kommt wahrscheinlich noch einiges zu. Der Aktienmarkt ist hier schneller, als es die in den Immobilienportalen aufgerufenen Preise anzeigen.

Und auch die bei deutschen Privatanlegern so beliebten offenen Immobilienfonds stehen vor harten Zeiten. Diese sind nach wie vor Bestseller bei den Anlageberatern und weisen wunderbarerweise auch 2022 Wertsteigerungen aus. Die Notwendigkeit von Bewertungskorrekturen wurde bei Immobilienfonds bislang weitgehend ignoriert. Ob diese Gewinne ein Wunder oder ein Desaster mit Ankündigung sind, wäre einen separaten Beitrag wert. Genauso wie die EU-Gebäuderichtlinie mit ihren kommenden Belastungen für Immobilienbesitzer. Es bleibt auf jeden Fall spannend am Immobilienmarkt. Die Entwicklung des Dax erscheint da im Vergleich richtiggehend langweilig.

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