Starke US-Konjunktur bremst die Kurse

von Redaktion

VON CARSTEN MUMM

Nach einem schwachen Wochenstart konnte der deutsche Leitindex Dax bis Freitagmittag sogar ein leichtes Plus erreichen, bevor ein unerwartet positiver US-Arbeitsmarktbericht dem kurzfristigen Aufwärtstrend zunächst beendete. Auch der Euro, der erstmals seit Juni die Marke von 1,05 Euro je US-Dollar überschritten hatte, erhielt gleich wieder einen deutlichen Dämpfer.

Konkret wurden im November nur geringfügig weniger Stellen neu geschaffen als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote bleib unverändert bei niedrigen 3,7 Prozent und die Anzahl der nicht besetzten Stellen lag erneut oberhalb der Marke von zehn Millionen – eigentlich eine gute Nachricht, die anzeigt, dass die konjunkturelle Abkühlung in den USA noch nicht in eine messbar abnehmende Nachfrage nach Arbeitskräften mündet. Warum fallen also in Europa Währung und Aktienkurse?

Anleger hatten sich in den letzten Wochen darauf eingerichtet, dass die US-Notenbank Fed künftig in kleineren Schritten die Leitzinsen anhebt und möglicherweise sogar im neuen Jahr zunächst eine Leitzinserhöhungspause einlegen könnte. Entsprechend wurden jüngste Äußerungen des Fed-Präsidenten Jerome Powell interpretiert. Auch die zuletzt stärker nachgebende Inflation in den USA und sinkende Stimmungsindizes von Unternehmen und Verbrauchern deuteten in Richtung einer deutlich schwächeren Konjunktur. Diese Entwicklung hätte eine weniger restriktive Geldpolitik erlaubt.

Nun sieht es aber wegen der kraftstrotzenden US-Konjunktur nach weiter steigenden Zinsen aus. Diese wirken aber über verschiedene Kanäle dämpfend auf den Aktienmarkt.

Einerseits besteht bei höheren Zinsen eine attraktivere Alternative zur Kapitalanlage an den im Regelfall schwankungsreicheren Aktienbörsen. Zudem verteuert sich die Refinanzierung von Unternehmen und Schuldner haben wegen steigender Zinslasten einen geringeren Spielraum für Konsum oder Investitionen.

Wenn in den USA die Zinsen anziehen, wird auch die Anlage im US-Dollarraum attraktiver, mehr Geld wird dorthin umgeschichtet und der Kurs des Dollar steigt. In Europa werden in der Folge alle in Dollar gehandelten Rohstoffe und Transportdienstleistungen teurer und treiben die hier ohnehin noch sehr hohen Inflationsraten weiter an, womit die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass auch die Europäische Zentralbank EZB weiter an der Zinsschraube dreht.

Dieser Zusammenhang dürfte auch in der nächsten Woche maßgeblich für das Geschehen an den internationalen Börsen sein. Denn erst Mitte Dezember werden sowohl die Fed als auch die EZB erneut über weitere Leitzinsanpassungen entscheiden und die Zinsspekulationen durch Tatsachen entweder unterstützen oder widerlegen.

Kurstreibende Veröffentlichungen dürften folglich die US-Erzeugerpreisveränderung für November sowie in Deutschland die Auftragseingänge für die Industrie und die Industrieproduktion für Oktober sein. Große Kurssprünge sind vor diesem Hintergrund eher nicht zu erwarten.

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