Ehegatten und Partner entscheiden für Patienten

von Redaktion

Im Notfall gilt seit 1. Januar ein Vertretungsrecht im Fall bestimmter medizinischer Maßnahmen

Ob Unfall, Schlaganfall oder Herzinfarkt: Wenn Kranke einer medizinischen Behandlung nicht mehr selbst zustimmen können, konnte das bislang auch nicht der Ehe- oder Lebenspartner für sie tun – es sei denn, es lag hierfür eine schriftliche Vollmacht vor. Seit dem 1. Januar ist das anders. Jetzt gilt bei gesundheitlichen Fragen automatisch ein sogenanntes Not- oder auch Ehegattenvertretungsrecht.

Angenommen, eine Person kommt ins Krankenhaus, ist bewusstlos und somit nicht ansprechbar. Damit sich der gesundheitliche Zustand nicht verschlimmert, muss schnell etwas gemacht werden. Nur: Die Person selbst kann in eine bestimmte Behandlung nicht einwilligen.

Seit Jahresbeginn 2023 gibt nun der neue Paragraf 1358 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Ehegatten und Lebenspartnern für den Notfall ein gegenseitiges Vertretungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten sowie bei kurzfristig freiheitsentziehenden Maßnahmen.

Notvertretungsrecht für sechs Monate

„Dieses Notvertretungsrecht ist auf sechs Monate begrenzt“, sagt Verena Querling von der Verbraucherzentrale NRW. Für diese Zeit ist der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin gegenüber dem Ehegatten oder Lebenspartner von der Schweigepflicht entbunden. Damit das Notvertretungsrecht gilt, darf keine anderslautende Vorsorgevollmacht vorliegen. Ist bereits ein Betreuer vom Gericht bestellt, geht dieser ebenfalls vor.

Wünsche des Patienten sind maßgeblich

Die Wünsche des Patienten sind auch im Notvertretungsrecht maßgeblich. Diese Wünsche können in einer Patientenverfügung niedergelegt sein – oder sie sind in einem Gespräch zwischen ärztlicher Seite und den Angehörigen oder Vertrauenspersonen des Patienten zu ermitteln. Bleibt die Frage, was eine „freiheitsentziehende Maßnahmen“ überhaupt ist: „Das kann etwa ein Bettgitter oder das Anbringen eines Bauchgurtes sein“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Dietmar Kurze. Auch eine Fixierung des Patienten oder der Patientin oder ruhigstellende Medikamente fallen unter die Kategorie freiheitsentziehende Maßnahmen.

Weitergehende Rechte gibt es nicht: Der gesunde Ehegatte oder Lebenspartner kann keine finanziellen Angelegenheiten der erkrankten Person erledigen.

Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin ist nicht verpflichtet zu prüfen, ob die Voraussetzungen für das Ausüben des Notvertretungsrechts vorliegen. „Der Arzt oder die Ärztin muss lediglich den Ehegatten oder den Lebenspartner fragen, ob er oder sie berechtigt ist, das Notvertretungsrecht auszuüben“, erklärt Dietmar Kurze. „Ist in einer Vorsorgevollmacht eine andere Person, etwa die Tochter oder der Sohn, als Bevollmächtigte bestimmt, vertritt diese den erkrankten Menschen und nicht der Ehegatte oder Lebenspartner“, so Kurze.

Das Notvertretungsrecht greift ebenfalls nicht, wenn Ehegatten oder Lebenspartner getrennt leben. Möglich ist auch, dass die erkrankte Person einen Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht eingelegt hat, der im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) hinterlegt ist.

Patientenverfügung weiterhin sinnvoll

Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung sind aber weiterhin sinnvoll. Denn das Notvertretungsrecht sei nur auf Gesundheitsangelegenheiten beschränkt, erklärt Verena Querling. Bankgeschäfte oder Versicherungsangelegenheiten seien durch das Notvertretungsrecht nicht abgedeckt.

Artikel 3 von 4