Nach einem schwachen Jahr 2022 hat der Deutsche Aktienindex Dax 40 mit einem Kursplus von etwa acht Prozent im laufenden Januar den besten Jahresstart seit seiner Gründung 1988 hingelegt. Mit jetzt wieder um die 15 000 Punkte ist er von seinem Rekordhoch 16 262 Punkte aus dem November 2021 nicht mehr weit entfernt. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die börsennotierten deutschen Konzerne weltweit in den letzten Jahrzehnten deutlich an Bedeutung verloren haben.
Unter den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt befindet sich erstmalig kein deutsches Unternehmen mehr. In einem weltweiten Aktienindex, wie dem MSCI World, machen deutsche Unternehmen nur noch einen Anteil von 3,4 Prozent aus, im vermeintlich zukunftsorientierten Index besonders nachhaltiger Unternehmen MSCI SRI World beträgt der Anteil sogar nur 1,8 Prozent – und das, obwohl Deutschland gemessen an seiner Wirtschaftsleistung (BIP) ein absolutes Schwergewicht ist. Nur die USA, China und Japan sind hier stärker.
Auf wie schwachen Füßen der deutsche Aktienmarkt steht, zeigt auch eine längerfristige Betrachtung der Renditen. In den letzten fünf Jahren konnte der US-Markt gemessen am S&P 500 in Euro ein Plus von über 70 Prozent erzielen, während der Dax nur auf ein Plus von zehn Prozent kommt. Diese zehn Prozent kumuliert in fünf Jahren sind aufgrund des Zinseszinseffekts weniger als zwei Prozent Rendite im Jahr. Da die Indizes in der Betrachtung die Unternehmensgewinne beinhalten und diese Gewinne in diesem Zeitraum im Schnitt deutlich über sechs Prozent pro Jahr lagen, heißt das nichts anderes, als dass die deutschen Unternehmen selbst im Wert gesunken sind, also heute deutlich niedriger als vor fünf Jahren bewertet sind.
Betrachtet man fundamentale Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), so erscheint der Dax mit einem KGV von 12,1 auch nach dem starken Jahresstart wie ein Schnäppchen (ein KGV von 12,1 bedeutet eine Unternehmensbewertung vom 12,1-Fachen des Jahresgewinns). Man kann die niedrige Bewertung positiv als attraktive Investmentchance sehen. Man kann darin jedoch auch pessimistisch ein Spiegelbild unseres Landes sehen. Wir haben weltweit mit die höchste Steuerlast für Unternehmen und Bürger, der Staatsapparat und die Bürokratie wachsen ungebremst, aber Bahn, Straßen, Brücken, Bundeswehr etc. sind marode. Von den Problemen unserer Energieversorgung oder einer Digitalisierung der Behörden und anderen Fortschrittsthemen wollen wir dabei gar nicht sprechen. Wer beruflich gezwungen ist, viel mit Bahn oder Auto in Deutschland unterwegs zu sein, kommt sich inzwischen vor wie in einem Entwicklungsland.
Und das ist dann wieder stimmig. In Schwellenländern sind die Unternehmen an den Börsen ähnlich günstig wie in Deutschland bewertet. Das KGV (MSCI Emerging Markets) liegt bei 12,2. Der Dax ist zwar billig, aber ob er auch attraktiv ist, hängt stark von der weiteren wirtschaftspolitischen Entwicklung in diesem Land ab. Hier kann man auf eine Wendung zum Besseren hoffen.