Winterkälte, Sommerreifen, Rutschpartien bei der Bahn: Immer wieder müssen sich Gerichte mit speziellen Winterstreitigkeiten auseinandersetzen. Eine Auswahl.
Heizungsausfall in der Mietwohnung
Fällt in einer Mietwohnung die Heizung im Winter für zwei Monate aus, so rechtfertigt das eine Mietminderung in Höhe von 70 Prozent. Während der Heizperiode haben Mieter ein Recht auf ein warmes Zuhause (AmG Berlin-Charlottenburg, 216 C 7/13).
Sturz in der Waschstraße
Reinigt eine Frau ihr Auto im Winter bei 0 Grad Celsius an einem Selbstbedienungswaschplatz und stürzt sie auf dem Weg zum Mülleimer auf einer glatten Fläche, die durch gefrorenes Spritzwasser entstanden ist, so kann sie für die Verletzungen nicht den Betreiber der Anlage zur Kasse bitten. Die Verkehrssicherungspflicht des Anlagenbetreibers habe Grenzen, so das Oberlandesgericht Hamm. Die Gefahr durch überfrierendes Waschwasser liege an einer solchen Stelle auf der Hand (AZ: 9 U 171/14).
Freie Fahrt bei Eis und Schnee?
Wer im Winter nachts bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf einer Landstraße unterwegs ist, der darf sich nicht damit begnügen, sein Tempo von 90 auf 70 km/h zu reduzieren. Kommt er wegen Glatteis von der Fahrbahn ab, so kann er dafür nicht den an sich „verkehrssicherungspflichtigen“ Landkreis verantwortlich machen. Der sei nicht verpflichtet, so das Landgericht Coburg, wenig befahrene Straßen nachts zu streuen. Auf winterliche Verhältnisse müssen sich Autofahrer einstellen (AZ: 22 O 729/11).
Rutschpartie auf dem Bahnsteig
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass sich die Deutsche Bahn AG nicht damit aus der Verantwortung für einen Sturz eines Fahrgastes auf einem nicht gestreuten Bahnsteig stehlen kann, sie habe die Räum- und Streupflicht auf die „DB Station & Service AG“ übertragen. Durch den Fahrkartenverkauf sei die DB verpflichtet, sichere Wege anzubieten (AZ: X ZR 59/11).
Zugeschneites Verkehrsschild
Ist ein Verkehrsschild „Tempo 30“ zugeschneit und nicht mehr zu erkennen, so ist es für einen Autofahrer nicht verbindlich. Wird er innerorts mit einer Geschwindigkeit von 72 km/h geblitzt, so darf das Bußgeld nur auf das an sich dort übliche Tempo (50 km/h) bemessen werden. Das Oberlandesgericht Hamm hat einen 200-Euro-Bußgeldbescheid aufgehoben. Der Mann musste noch 35 Euro berappen (AZ: 3 RBs 336/09).
Mit Sommerreifen im Skiurlaub
Fährt ein Autofahrer mit Sommerreifen in den Skiurlaub und verursacht er einen Unfall, so kann seine Kaskoversicherung den Schadenersatz wegen grober Fahrlässigkeit verweigern. Das gilt auch dann, so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, wenn zum Unfallzeitpunkt Schneeketten aufgezogen waren (AZ: 3 U 186/02).
Sturz auf dem Supermarkt-Parkplatz
Rutscht eine Kundin auf dem Parkplatz eines Supermarktes auf einer gefrorenen Pfütze aus, so kann sie den Betreiber nicht wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zur Kasse bitte. Das gelte jedenfalls dann, wenn sie in der Parkbucht stürzt. Der Marktbetreiber hat seine Schuldigkeit getan, indem er die Fahrwege abstumpfen ließ (BGH, VI ZR 184/18).
Keine Räumpflicht wegen glatter Stelle
Eine einzelne glatte Stelle auf dem Gehweg reicht nicht – Hauseigentümer beziehungsweise deren Mieter sind verpflichtet, den Bürgersteig – in der Regel von 7 bis 19 Uhr – vor dem Anwesen von Schnee und Eis zu befreien. Befindet sich jedoch auf dem Teilstück vor dem Haus nur eine etwa ein mal einen Meter große Eisfläche, so kann davon ausgegangen werden, dass Passanten diese sehen. Der Bundesgerichtshof: Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht „ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte – nicht nur einzelner glatter Stellen.“ (AZ: VI ZR 254/16).