Was tun mit dem Erbe der Oma?

von Redaktion

SERIE GELDANLAGE Teil 2: Student will Geld ausgeben und etwas sparen

VON ANDREAS HÖSS

Egal ob Schenkung, Erbschaft, Abfindung, Immobilienverkauf oder die Auszahlung einer Lebensversicherung: Sehr viele Menschen bekommen irgendwann eine größere Summe auf ihr Konto überwiesen. Doch was tun mit dem Geld? Auch wenn es komisch klingen mag: Diese Frage kann mitunter zur Belastung werden. Wir haben deshalb Musterfälle erstellt und an zwei Experten (siehe Kasten) weitergegeben, die professionelle Finanz- und Anlageberatung durchführen. Dabei sind wir von 100 000 Euro Anlagebetrag ausgegangen, die Tipps gelten aber natürlich auch für kleinere Summen. Die Antworten der Experten sind eine gute Hilfestellung, allerdings betonen beide, dass sie keine individuelle Beratung ersetzen, bei der man noch genauer auf die konkreten Lebensumstände und Bedürfnisse der Anlegerin oder des Anlegers eingehen kann.

Der Fall

Ein Student bekommt 100 000 Euro von seiner Oma. Eine eigene Immobilie ist für ihn kein Thema, erst in den kommenden Jahren wird sich herausstellen, was und wo er einmal arbeiten wird oder ob und wann er eine Familie gründet. Wie bei vielen Studenten, ist Geld bei ihm immer knapp. Trotzdem hat er ein Auslandssemester geplant und würde auch gerne möglichst viel reisen. Im Moment weiß er gar nicht, was er mit dem Geld machen soll. Er will etwas davon ausgeben, aber auch in der Zukunft noch was vom Erbe haben.

Geld auf Lebensphasen aufteilen

Projekte wie Reisen und ein Auslandssemester finanzieren und trotzdem für das Alter vorsorgen: „Damit das klappt, würden wir dem Studenten empfehlen, den Betrag für unterschiedliche Lebensphasen aufzuteilen“, sagt Jürgen Wörl von der Privatbank Julius Bär. Dazu könne der Student zum Beispiel 10 000 Euro für unmittelbare Ausgaben wie das Auslandssemester in Tages- oder Festgeld vorhalten.

70 000 Euro solle er erst einmal mittelfristig für die kommenden fünf Jahre anlegen, damit ein paar Jahre später beim Berufsstart oder bei der Familiengründung schon Kapital vorhanden ist, zum Beispiel für eine Wohnungseinrichtung oder die Anzahlung einer Immobilie. Daneben sollten 20 000 sofort langfristig investiert werden, und zwar in globale Aktien – entweder über einen Indexfonds (ETF) oder einen aktiv gemanagten Fonds. So streue man Risiken weltweit über viele Unternehmen. Und: Je früher man Geld anlege, desto länger könne der Zinseszins arbeiten. „Bei einer durchschnittlichen Rendite von 7,2 Prozent pro Jahr würde sich das Geld alle zehn Jahre verdoppeln“, rechnet Wörl vor. In 50 Jahren würden so vor Steuern und Kosten allein aus diesen 20 000 Euro 645 000 Euro für die Rente werden. Was die zunächst mittelfristig angelegten 70 000 betrifft:

Auch hier sollte der Student laut Wörl die Hälfte in einen globalen Aktienfonds oder einen günstigen Indexfonds (ETF) auf globale Aktien stecken, gerne auch in das gleiche Produkt wie die 20 000 Euro. Läuft es gut, muss man die insgesamt 55 000 in Aktien investierten Euro nicht antasten und sie können sich über Jahrzehnte vermehren. Bei den restlichen 35 000 Euro rät Wörl zu Zinsanlagen. „Konkret würden wir sie nach Laufzeiten gestaffelt anlegen“, so Wörl, also je 7 000 Euro aufgeteilt auf Festgeldkonten mit einem bis fünf Jahre Laufzeit. So steht immer wieder Kapital zur Verfügung, das verbraucht oder neu angelegt werden kann.

Gegebenenfalls auf Nachhaltigkeit achten

Einen ähnlichen Ansatz schlägt Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern vor: Er würde dem Studenten raten, 30 000 Euro für gewünschte Anschaffungen oder ein Auslandssemester zurückzulegen – 10 000 davon in immer verfügbarem Tagesgeld und vier Tranchen je 5000 Euro in Festgeld mit einem bis vier Jahren Laufzeit. Dabei gilt: Je länger die Anlagedauer, desto höher der Zins. Den Rest würde er in Aktien investieren – aus Kostengründen in einen günstigen ETF auf globale Indizes wie den MSCI World und nicht auf teurere aktiv gemanagte Fonds.

Von Einzelaktien rät Larisch aufgrund der Gefahr eines Totalverlusts zudem vehement ab, wie übrigens auch von Kryptowährungen, Genussrechten, größeren Positionen an Edelmetallen oder „ziellosem“ Bausparen. Falls der Student sein Geld nachhaltig anlegen will, schlägt Larisch einen ETF auf den MSCI World Socially Responsible Index vor, den etwa die UBS anbietet. Hier sind zum Beispiel Waffenhersteller wie Rheinmetall, Tabakkonzerne wie Philip Morris, Unternehmen im Bereich der Atomenergie wie Cameco oder solche wie RWE, die Kohle abbauen und verstromen, ausgeschlossen. Zudem investiert der ETF in jeder Branche nur in die Unternehmen mit dem besten Nachhaltigkeitswert, der auf Kennzahlen wie dem CO2-Fußabdruck basiert. In der Lebensmittelbranche trifft das zum Beispiel den umstrittenen Großkonzern Nestlé, der aus dem Index fällt. So bleiben aus dem klassischen MSCI World von 1600 zwar nur noch rund 350 Aktien übrig, aber das ist immer noch eine breite Risikostreuung.

Artikel 3 von 5