Wie reicht das Geld für die Rente?

von Redaktion

SERIE GELDANLAGE – Letzter Teil: Eine Dame erbt 100 000 Euro von ihrer Mutter

VON ANDREAS HÖSS

Egal ob Schenkung, Erbschaft, Abfindung, Immobilienverkauf oder die Auszahlung einer Lebensversicherung: Viele Menschen bekommen irgendwann in ihrem Leben eine größere Summe auf ihr Konto überwiesen. Doch was tun mit dem Geld? Auch wenn es komisch klingen mag: Diese Frage kann mitunter zur Belastung werden. Wir haben deshalb vier Musterfälle konstruiert – das Ehepaar, den Studenten, die junge Familie und die ältere Dame – und diese an zwei Experten (siehe Kasten) weitergegeben, die professionelle Finanz- und Anlageberatung durchführen. Als Anlagebetrag haben sind wir von 100 000 Euro ausgegangen, die Aussagen gelten aber auch für kleinere Summen. Die Antworten der Experten bieten gute Tipps und Hinweise, ersetzen aber keine persönliche Beratung, in der genauer auf die individuelle Situation und die Bedürfnisse eingegangen werden kann.

Der Fall: 100 000 Euro als Erbe

Eine Dame (etwa 60 Jahre alt) erbt 100 000 Euro von ihrer Mutter. Sie hat keine Kinder und will mit dem Geld später die Rente aufbessern. Sie will sich ab und zu etwas gönnen, das Geld soll aber auch im Alter eine längere Zeit reichen.

Guter Mix aus sicheren Anlagen und Rendite

Was die grundsätzliche Ausrichtung angeht, sind sich die Experten einig: Die Dame sollte einen großen Teil des Geldes sicher anlegen, damit es zur Verfügung steht, wenn sie in Rente geht. Gleichzeitig ist die Rente – und damit die Zeit, in der sie auf das Kapital zugreifen möchte – bei einer 60-Jährigen sieben Jahre entfernt. Das ist lange genug, um zumindest einen Teil des Geldes zunächst arbeiten zu lassen und so vor einem Kaufkraftverlust durch die Inflation zu retten, im besten Fall sogar deutlich zu vermehren.

Kapital bis zur Rente möglichst vermehren

Konkret raten die Experten deshalb zu einem Mix aus Aktien und Anleihen. Der Aktienanteil sollte in diesem Fall nicht zu hoch sein, schließlich können Aktienkurse schwanken und auch einmal über längere Zeit Verluste einfahren. Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern schlägt vor, in den sieben Jahren bis zur Rente bis zu 50 000 Euro in einen Aktien-ETF zu investieren, etwa auf den Aktienindex MSCI World oder den noch breiteren FTSE All World Index. Mit diesen Indizes wird das Aktienkapital weltweit auf viele Firmen gestreut, was die Risiken senkt. 15 000 Euro soll die Dame zudem in ein gut verzinstes Tagesgeldkonto stecken, so Larisch. „Mit diesem Geld kann man im Falle eines Börsencrashs wieder Aktien zukaufen und so den ursprünglichen Anteil von 50 Prozent Aktien wieder herstellen.“

Bei größeren Kursverlusten mag das Bauchgefühl zwar gegen Zukäufe sprechen, allerdings sichert man sich so günstige Kurse. 35 000 Euro sollten laut Larisch in Tranchen von je 7000 Euro in Festgeld mit einem bis fünf Jahren Laufzeiten geparkt werden. So wird immer wieder Kapital frei, das bei steigenden Zinsen gegebenenfalls später sogar höher verzinst neu anlegt werden kann. In den sieben Jahren sollten so selbst bei relativ niedriger Rendite von drei Prozent pro Jahr nach Kosten aus ursprünglich 100 000 etwa 120 000 Euro werden. Ein ähnliches Vorgehen schlägt Jürgen Wörl von der Privatbank Julius Bär vor. Er würde allerdings etwas defensiver agieren, „denn hier steht die Sicherheit der Anlage im Vordergrund“, sagt Wörl. Er rät, nur 35 000 Euro in Aktien anzulegen, entweder in global anlegende Fonds oder ETFs. Dabei solle darauf geachtet werden, dass keine Ausgabeaufschläge anfallen. 65 000 Euro würde er in Zinsanlagen investieren.

Ab der Rente einen Auszahlplan verfolgen

Doch was, wenn der Renteneintritt da ist? Hier kann ein Auszahlungsplan eine gute Lösung sein, glauben Merten Larisch und Jürgen Wörl. Anders als bei einem Sparplan zahlt man dabei nicht regelmäßig ein, sondern entnimmt Geld – und zwar Monat für Monat einen fixen Betrag. Momentan gebe es bei guten Bankauszahlplänen mit fünf Jahren Laufzeit rund zwei bis drei Prozent Zinsen, so Larisch. Da das unter der Inflation liegt, sollte nicht der gesamte Betrag in einem Banksparplan landen. Larisch empfiehlt deshalb, dem Anlageportfolio zunächst für fünf Jahre rund 18 000 Euro zu entnehmen und den Rest auch in der Rente weiter in Aktien und Festgeld anzulegen wie bisher – so könne sich das Kapital auch im Ruhestand vermehren. Mit dem Auszahlplan habe die Dame ab Rentenbeginn pro Monat eine stattliche Rentenaufbesserung von rund 300 Euro. Nach fünf Jahren könne erneut ein Auszahlplan abgeschlossen werden, dann möglicherweise sogar mit besseren Konditionen. Vermehre sich das Geld parallel im Aktien-ETF und dem Mix aus Fest- und Tagesgeldkonten weiter, reiche das Kapital bis ans Lebensende, so Larisch. Und: Es stehe zugleich immer etwas für Zusatzausgaben wie Reisen bereit.

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