Wie Frauen besser vorsorgen

von Redaktion

INTERVIEW Schon mit kleinen Beträgen viel erreichbar – Mann ins Boot holen

Zur Gleichstellung von Frauen gehört auch finanzielle Unabhängigkeit. Doch gerade Frauen sind im Alter von Armut betroffen, weil sie Kinder erzogen haben oder in schlecht bezahlten Berufen und lange in Teilzeit gearbeitet haben. Wie Frauen dieser Gefahr begegnen können und wie sie schon mit kleinen Beträgen ihre Altersversorgung verbessern, erklärt Katharina Henrich, Expertin der Zeitschrift „Finanztest“ im Interview.

Altersarmut trifft vor allem Frauen. Was sind die Gründe dafür?

Altersvorsorge findet ja vor allem im Job statt. Und es ist leider immer noch so, dass Frauen weniger verdienen. Das liegt daran, dass sie öfter in Teilzeit arbeiten. Sie suchen sich auch oft Branchen aus, in denen generell wenig verdient wird. Pflege zum Beispiel. Der Dienst am Menschen wird ja zynischerweise immer noch viel schlechter bezahlt als der Dienst an Maschinen. Dazu kommt, dass es üblicherweise die Frauen sind, die im Beruf aussetzen, um Familienmitglieder zu pflegen oder die Kinder zu erziehen.

Das alles trägt zur Lücke in der Rentenversorgung bei.

Genau. Ältere Frauen ab Ende 50 haben nicht mehr so viele Möglichkeiten, daran etwas Wesentliches zu ändern. Jüngere Frauen schon.

Was können die jüngeren Frauen tun, um zu verhindern, in dieselbe Falle zu tappen?

Das Wichtigste ist, beruflich möglichst in Vollzeit zu arbeiten oder zumindest möglichst Vollzeit-nah. Also nicht die Arbeitszeit um 50 Prozent reduzieren, sondern möglichst nur um 20 oder 30 Prozent. Dazu sollten Frauen mit dem Arbeitgeber lieber darüber verhandeln, dass sie öfter im Homeoffice arbeiten können, um die Berufstätigkeit leichter mit der Familienarbeit in Einklang zu bringen. Möglichst voll verdienen schlägt sich nicht nur in der gesetzlichen Rente, sondern auch in Betriebsrenten nieder, die ja auch oft von der Höhe des Gehalts abhängen.

Viele wollen sich mehr Zeit für die Familie nehmen.

Ja, und Familienarbeit ist ja auch wirklich Arbeit. Sie wird halt nur nicht bezahlt. Dennoch: Frauen sollten sich bewusst sein, was sie für ihr eigenes Alter riskieren, wenn sie in ihrem Leben nur wenig verdienen.

Wie kann man sich absichern?

Wenn ein Paar zu der Aufteilung kommt, dass einer beruflich zurücksteckt, um die Familienarbeit zu wuppen – und das sind halt oft die Frauen – dass man dann den Partner mit ins Boot holt.

Das heißt?

Am besten geht man zu einer Rentenberatung und klärt dort, was heißt das für meine eigene Rente, wenn ich jetzt in Teilzeit oder zeitweise ganz aus dem Beruf gehe? Diese Lücke gilt es zu stopfen. Und zwar indem derjenige, der weiter arbeitet, für den anderen in eine Altersvorsorge einzahlt. Ganz wichtig: Es muss festgelegt werden, dass das Geld auch dann der Frau gehört, wenn es zu einer Scheidung kommt. Denn auch an diese Möglichkeit muss gedacht werden. Wenn ein Paar zusammenbleibt, schafft man das ja meistens mit dem gemeinsamen Einkommen. Scheidungen sind die großen Altersarmuts-Fallen für Frauen.

Es gibt doch einen Versorgungsausgleich.

Ja, aber der gleicht nur die Zeit der Ehe aus. Oft haben die Frauen, bei denen ja meist die Kinder bleiben, noch lange danach Einbußen, weil sie nicht gleich wieder Vollzeit arbeiten gehen können – auch weil sie vielleicht lange aus dem Beruf raus waren. Und das schlägt voll auf die Rente durch.

Sie sagen, man soll beizeiten etwas einzahlen in die Altersvorsorge. Wo soll man denn einzahlen?

Wichtig ist, früh anzufangen, um den Zinseszinseffekt zu nutzen. Außerdem sind die Kosten wichtig, die müssen so gering wie möglich bleiben, deshalb raten wir zu günstigen ETFs anstelle von teuren Fondspolicen. Und man sollte flexibel bleiben. Ich würde zum Beispiel nicht in starre Rentenversicherungsprodukte investieren. Besser ist eine Mischung, wie wir bei „Finanztest“ entwickelt haben, das sogenannte Pantoffel-Portfolio.

Was heißt das?

Den Namen haben wir gewählt, um gleich klarzumachen, dass diese Art der Geldanlage eher gemütlich denn stressig ist, was Frauen ja auch oft abschreckt. Inhaltlich ist das Pantoffel-Portfolio eine Aufteilung des Geldes etwa zur Hälfte in sichere, aber weniger rentable Anlagen wie Tages- oder Festgeld und zur anderen Hälfte in weltweit anlegende Aktien-ETFs. Wenn man damit früh anfängt, kann man auch mit relativ kleinen Summen viel erreichen.

Was verstehen Sie unter einer kleinen Summe? Geht schon was mit 25 Euro im Monat?

25 Euro sind vielleicht ein bisschen zu wenig. Das raten wir eher Auszubildenden. Später ist ja meistens ein bisschen mehr Geld übrig. Aber mit 50 Euro, besser natürlich mit 100 oder 200, lässt sich schon etwas anfangen. Mit der Rente muss ja eine lange Zeit abgedeckt werden. 20 Jahre und mehr, in denen man nicht arbeitet und von dem Geld leben muss. Da braucht man schon einen ordentlichen Kapitalstock.

Wer kann einem da weiterhelfen?

Für jeden empfehlenswert ist, mit ungefähr 40 Jahren zu einer Rentenberatung zu gehen. Da kommen alle Renten, gesetzliche, betriebliche wie private auf den Tisch und man sieht, was man zu erwarten hat. Solche Angebote macht die gesetzliche Rentenversicherung. Die haben wir von der Stiftung Warentest auch unlängst getestet – und für gut befunden. Dann weiß man, wie man aufgestellt ist und ob gegengesteuert werden muss. Und mit 40 ist man jung genug, um auch gegensteuern zu können.

Was ist denn mit nachträglichen Beitragszahlungen in die gesetzliche Rente?

Auch das ist eine Möglichkeit. Renten sind aber immer relativ teuer und unflexibel – ich komme an das Geld nicht mehr heran. Und Renten sind natürlich auch immer eine Wette auf ein langes Leben. Aber wenn ich zu der Einschätzung komme, ich will trotzdem eine Rente, weil das für mich das Richtige ist, dann ist es ratsam, in die gesetzliche Rente einzuzahlen und nicht auf private Rentenversicherungsprodukte zu setzen. Ab 50 kann man in der Gesetzlichen sogenannte Ausgleichszahlungen leisten, die eine Rentenlücke schließen können. Das ist ein guter Zeitpunkt, weil dann kann man schon recht genau vorhersagen, wie groß die Lücke einmal sein wird.

Wie läuft das praktisch ab?

Die Rentenversicherung rechnet auf Anfrage aus, wie viel man nachzahlen könnte und wie sich das auf die künftige Rente auswirkt. Das ist ganz transparent. Von Vorteil ist auch, dass man einen Teil der Beiträge von der Steuer wieder bekommt.

Nach einer Umfrage des Bundesverbandes deutscher Banken sind Frauen bei der Geldanlage besonders vorsichtig. Warum ist das so?

Ich merke in meinem Umfeld, dass viele Frauen auf das Thema Finanzen erst mal einfach weniger Lust haben. Wenn ihnen dann klar wird, wie wichtig das ist und dass es auch nicht besonders kompliziert ist, wächst bei vielen das Interesse. Die Kultur in Finanzthemen ist bei Männern deutlich ausgeprägter als bei Frauen. Ich habe den Eindruck, in männlichen Freundeskreisen ist es üblich, darüber zu reden. Das muss sich bei Frauen erst noch entwickeln. Bei jüngeren Frauen passiert das bereits.

Interview: Corinna Maier

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