Renate L.: „Mein Mann ist 83 Jahre alt, ich 67. Wir haben drei gemeinsame Kinder, mein Mann noch einen unehelichen Sohn, zu dem mein Mann keinerlei Kontakt hat. Die leibliche Mutter hat noch während der Schwangerschaft einen anderen Mann geheiratet. Unterhaltszahlungen hat er all die Jahre geleistet. Wir haben ein Berliner Testament. Schlusserben sollen unsere drei gemeinsamen Kinder sein. Es handelt sich um ein Einfamilienhaus mit Garten. Die Frage ist nun: Hat der uneheliche Sohn meines Mannes Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn mein Mann vor mir stirbt? Das Haus ist allein auf meinen Mann eingetragen. Können wir den Pflichtteilsanspruch vermeiden?“
Pflichtteilsberechtigte sind die Abkömmlinge des Erblassers. Entscheidend hierfür ist die Abstammung im Rechtssinne, die von der Abstammung im biologischen Sinne abweichen kann. Der uneheliche Sohn Ihres Mannes hat nur einen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn er auch im rechtlichen Sinne als Kind Ihres Mannes anzusehen ist. Dies ist nur der Fall, wenn Ihr Mann seinen Sohn adoptiert hat, wozu Sie allerdings in Ihrer Fallschilderung keine Angaben machen. Ihr Mann wäre auch als rechtlicher Vater anzusehen, wenn er zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter des Kindes verheiratet war oder wenn Ihr Mann die Vaterschaft anerkannt hatte oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. Da die leibliche Mutter des Kindes während der Schwangerschaft mit einem anderen Mann verheiratet gewesen war, ist dieser andere Mann rechtlich gesehen der Vater des Kindes. Es sei denn, Ihr Mann, das Kind oder die Mutter des Kindes, hätten diese Vaterschaft gerichtlich erfolgreich angefochten und ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchgeführt, in dessen Folge Ihr Mann als rechtlicher Vater des Kindes anerkannt wurde. Ob solche Verfahren in Ihrem Fall durchgeführt wurden, lässt sich aus Ihren Schilderungen nicht erkennen, allein aus dem Umstand, dass Ihr Mann Unterhaltszahlungen für den Sohn erbracht hat, ist dies nicht zu erschließen, diese können auch freiwillig von Ihrem Mann geleistet worden sein. Falls diese gerichtlichen Verfahren in der Vergangenheit nicht durchgeführt wurden, stellt sich die Frage, ob das Kind beziehungsweise die Mutter jetzt noch oder nach dem Tod Ihres Mannes die Anfechtungsklage und die Vaterschaftsfeststellungsklage erheben können. Dabei ist aber zu sehen, dass die Anfechtung der Vaterschaft des mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt verheirateten Mannes nur binnen zwei Jahren erfolgen kann und diese Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Vor dem Hintergrund, dass Ihr Mann Unterhaltszahlungen all die Jahre lang geleistet hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Anfechtungsfrist abgelaufen ist und damit der uneheliche Sohn damit nicht pflichtteilsberechtigt ist, weil es an der rechtlichen Vaterschaft fehlt. Ich rate Ihnen, das Bestehen der rechtlichen Vaterschaft zuallererst zu prüfen, bevor Sie an lebzeitige Übertragungen des Hauses denken, die den Pflichtteilsanspruch des Sohnes auch nur umgehen lassen, wenn sie nicht unter Nießbrauchs- und Wohnrechtsvorbehalte erfolgen und auch erst zehn Jahre nach der Schenkung vollständig wirksam werden, davor nur zeitanteilig.