Alles drängt zum Gold

von Redaktion

VON ANDREAS HÖSS

Der Goldpreis hat seit November rund 20 Prozent zugelegt und notiert mit derzeit rund 2000 US-Dollar je Feinunze (31,10 Gramm) wieder nah an seinem Rekordpreis von 2063 Dollar aus dem Jahr 2020. Doch warum ist Gold wieder so gefragt? Welche Gründe sprechen für den Goldkauf – und welche dagegen? Und wie kann man eigentlich in das Edelmetall investieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum ist der Goldpreis so stark gestiegen?

Gold gilt an den Börsen als Krisen- oder Angstwährung. Sein jüngstes Hoch erreichte sein Preis nach den Turbulenzen um die Schweizer Großbank Credit Suisse. „Man hat ein Bankenbeben erwartet, das hat sicher eine Rolle gespielt“, erklärt Michael Eubel von der BayernLB. Weltweit haben Investoren im März laut Branchenverband World Gold Council erstmals seit zehn Monaten mehr Kapital in mit Gold hinterlegte Finanzprodukte investiert als von dort abgezogen. Doch die Angst vor einer Finanzkrise sei nur ein Faktor, der den Goldpreis treibe, sagt Eubel. „Noch wichtiger ist derzeit die Inflation.“ Nicht nur, weil hohe Energiepreise auch die Förderkosten nach oben treiben. So wurde ab Herbst klar, dass die Inflation länger hoch bleiben wird. „Und Gold gilt als Inflationsschutz“, so Eubel. Allerdings hätten die steigenden Zinsen 2022 auf dem Goldpreis gelastet. Ob der Zinserhöhungszyklus bald endet, ist unter Analysten umstritten. „Klar ist aber, dass die Zinsen die Teuerung bei weitem nicht ausgleichen werden“, erklärt Eubel.

Ist auch die Nachfrage aus der Industrie relevant?

So gut wie gar nicht. Anders als bei Silber, Platin oder Palladium, die etwa in der Technologiebranche, bei Erneuerbaren Energien oder im Autobau benötigt werden, ist die industrielle Nachfrage bei Gold verschwindend gering. Größte Käufer am Goldmarkt sind neben der Schmuckindustrie Investoren und Zentralbanken. Ein Vielfaches des Handels findet zudem über Finanzwetten wie Derivate statt, hinter denen gar keine echten Goldbestände stehen. „Spekulanten und Investoren haben also mit Abstand den höchsten Einfluss auf den Goldpreis“, sagt Goldexperte Michael Eubel.

Wird der Goldpreis noch weiter steigen?

Da gehen die Meinungen der Analysten auseinander. Die Bank of America kann sich bis 2025 einen Goldpreis von 2500 Dollar vorstellen, was einen Anstieg von einem Viertel bedeuten würde. Bei Goldman Sachs geht man dagegen davon aus, dass der Goldpreis bei 2050 Dollar verharrt. Ähnlich sieht es die BayernLB, die bis Jahresende einen Goldpreis von 2000 Dollar prognostiziert, was einer Stagnation gleichkommen würde. Aber Vorsicht: Deutsche Anleger kaufen das Edelmetall in Euro, nicht in Dollar, warnt Goldprofi Eubel. „Gibt der Euro wie von uns erwartet nach, würden deutsche Anleger mit ihrem Goldinvestment sogar leichten Verlust machen.“

Wie kann man am besten in Gold investieren?

Klassischerweise über Barren und Münzen. Zu den größten Goldhändlern in Deutschland zählt die BayernLB, die das Edelmetall über Filialbanken wie die Sparkasse vertreibt. Es gibt aber auch auf Gold spezialisierte Handelshäuser wie Degussa oder Pro Aurum. Das Sortiment ist dort groß und reicht von Anlagemünzen wie dem Krügerrand bis zu Barren in verschiedensten Größen. Je größer die gekaufte Einheit, desto näher bewegt sich ihr Preis meist am Goldpreis. Wer nur Grammbarren oder sehr kleine Münzen kauft, muss jedoch häufig höhere Aufschläge akzeptieren. Vorsicht vor unseriösen Shops! Im Goldbereich gibt es leider immer wieder Betrüger, die Kunden über den Tisch ziehen.

Und was ist mit Finanzprodukten?

Auch die gibt es massenhaft. Es gibt Goldfonds, die in physisches Gold oder Minenaktien investieren – oder beides. Es gibt Derivate und Zertifikate, mit denen man auf steigende oder fallende Goldpreise wetten kann, sogar gehebelt, wenn man möchte. Und es gibt Produkte wie Xetra-Gold, die schlicht den Goldpreis abbilden. Sie sind bei deutschen Anlegern besonders beliebt. Ende 2022 waren in Xetra-Gold 12,7 Milliarden Euro investiert. Bei dem Produkt handelt es sich um eine ETC genannte Schuldverschreibung, jedoch wird mit dem kompletten angelegten Kapital Gold gekauft. Für Xetra-Gold waren 2022 deshalb 240 Tonnen Gold in einem Tresor hinterlegt. Kunden haben theoretisch den Anspruch, sich ihren Anteil ausliefern zu lassen. Tut man das, ist das aber mit horrenden Kosten verbunden. Doch egal ob physisch oder als Finanzprodukt: Experten raten, nie mehr als fünf bis zehn Prozent des Kapitals in Gold zu investieren.

Wie wird Gold denn eigentlich versteuert?

Barren und Münzen sind mit Ausnahme seltener Sammlermünzen von der Mehrwertsteuer befreit. Und wer Gewinne damit macht, muss diese nach einer Spekulationsfrist von einem Jahr auch nicht versteuern. Bei Goldwetten mit Finanzprodukten werden hingegen 25 Prozent Abgeltungssteuer fällig. Ausnahme: Produkte wie Xetra-Gold oder Euwax-Gold II, die mindestens zu 95 Prozent mit Gold hinterlegt sind. Sie werden steuerlich wie physisches Gold behandelt.

Warum sind die Deutschen solche Gold-Fans?

Sieben Währungen in 150 Jahren: Die Deutschen hatten vom Kaiserreich bis heute einen ordentlichen Geld-Verschleiß. Jeder dieser Schnitte brachte Unsicherheiten und Verwerfungen mit sich. Besonders die Hyperinflation in den 1920ern hat wohl das dumpfe Gefühl im kollektiven Gedächtnis hinterlassen, dass Geld manchmal nicht mehr wert ist als das Papier, auf dem es gedruckt ist. Auch deshalb gilt Gold als Wertspeicher, der Krisen und Kriege überdauert. So gesehen ist es kein Wunder, dass die Deutschen laut einer Hochrechnung der Steinbeis-Hochschule insgesamt mehr als 9000 Tonnen Gold besitzen. Laut einer vom Goldhändler Pro Aurum beauftragten Forsa-Umfrage halten drei Viertel der Bundesbürger Gold für eine „sichere Anlage“.

Und was spricht gegen den Kauf von Gold?

Der Goldpreis ist weniger stabil, als viele vermuten. Spektakuläre Preisabstürze gibt es regelmäßig. Zwischen Frühjahr und Herbst 2022 brach der Kurs wegen der steigenden Zinsen um mehr als 20 Prozent ein. Denn Gold wirft weder Zinsen, noch Dividenden ab. Und auch als Rohstoff ist es für die Industrie unbedeutend. Bleibt allein der Glaube an seinen inneren Wert – doch den teilt nicht jeder. „Man holt Gold mit viel Aufwand, unter dreckigsten Bedingungen für die Umwelt und teils mit Sklavenarbeit aus der Erde, um es dann in einem Tresor im Keller wieder einzulagern“, wundert sich Finanzexperte Andreas Beck von Index Capital. „In unsicheren Zeiten sind Menschen bereit, viel für Gold zu zahlen, in sicheren Zeiten eher wenig. Als Beimischung kann Gold deshalb sinnvoll sein, für den Vermögensaufbau ist es aber ungeeignet.“

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