LESER FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN

Bin ich an das Testament gebunden?

von Redaktion

Bei einer testamentarischen Erbeinsetzung kann man nie sicher sein, ob der eigentlich vorgesehene Erbe nicht vorverstirbt oder die Erbschaft ausschlägt. Deshalb sollte man im Testament vorsorglich immer einen sogenannten Ersatzerben berufen. Das Testament Ihrer Frau enthält genau eine solche Ersatzerbeneinsetzung, denn die Formulierung „sollte ich nach meinem Mann versterben“ ist gleichbedeutend mit der Bedingung: „sollte mein Mann als eigentlicher Erbe vor mir versterben“. Nur unter dieser Bedingung wären Sohn und Tochter sofort als Ersatzerben – mit der Verteilung Auto an Sohn, Immobilie an Tochter – zum Zug gekommen. Mit dem vorausgegangenen Tod Ihrer Frau kann diese Ersatzregelung denklogisch nicht mehr zur Anwendung kommen, sie ist gänzlich bedeutungslos geworden.

Hätte Ihre Frau eine Bestimmung darüber treffen wollen, wer am langen Ende (also nach Ihrem Ableben) Erbe werden soll, so hätte sie eine Vor- und Nacherbschaft anordnen müssen; dafür kann aus dem Testament aber kein Anhaltspunkt abgeleitet werden. Mangels anderer Vorgabe im Testament steht Ihnen also das alleinige Entscheidungsrecht zu, wem Sie das von Ihrer Frau hinterlassene Vermögen (auch Immobilie und Auto) vererben. Die von Ihrer Frau nur für den Ersatzerbfall vorgesehene Nachlassverteilung entfaltet keine Bindungswirkung, weder für Sie (für die Testamentserrichtung) noch für die Kinder (für die interne Aufteilung, wenn sie Miterben werden).

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