Was Scheidung für die Rente bedeutet

von Redaktion

VON SEBASTIAN HÖLZLE

Mit 34 Jahren heiraten Menschen in Deutschland im Durchschnitt, weiß das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Wer sich scheiden lässt, tut dies im Schnitt nach knapp 15 Ehejahren – also noch vor dem 50. Geburtstag. Auch wenn es dann noch ein paar Jahre bis zur Rente sind: Eine Scheidung wirkt sich fast immer auf die Höhe der Altersbezüge aus.

Warum kann eine Scheidung die Rente schmälern oder erhöhen?

Das juristische Fachwort lautet Versorgungsausgleich. „Der Versorgungsausgleich ist die Teilung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus privaten Rentenversicherungen“, sagt der Münchner Rechtsanwalt Erkan Elden. Die Teilung hat Folgen: Jeder Ehegatte erhält nach der Scheidung jeweils die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Altersvorsorgeansprüche des anderen Partners. Was kompliziert klingt, lässt sich anhand einer einfachen Beispielrechnung leicht nachvollziehen (siehe Kasten). Hintergrund des Gesetzes: „Eheleute haben meist unterschiedliche Erwerbsbiografien und damit unterschiedliche Rentenansprüche“, sagt Elden. In Deutschland sind es in der Regel Frauen, die weniger verdienen und weniger Jahre in die Rentenkasse einzahlen. „Das Gesetz soll daher diejenigen Ehegatten schützen, die beispielsweise zu Hause die Kinder betreut haben und in dieser Zeit keine oder wenige Rentenansprüche erwerben konnten.“

Welche finanziellen Folgen hat der Ausgleich?

Wer während der Ehezeit mehr Geld verdient und damit höhere Rentenansprüche erworben hat, erhält durch den Versorgungsausgleich eine geringere Rente. Wer in der Ehezeit wenig verdient hat, bekommt im Alter mehr Geld. „Das betrifft übrigens nicht nur Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden auch private Versicherungen – zum Beispiel die Riester-Rente“, erklärt Elden. Auch Lebensversicherungen mit regelmäßigen Rentenzahlungen fielen darunter.

Was gilt, wenn Betroffene im Ausland gearbeitet haben?

Dann kann es schnell kompliziert werden, sagt Elden. „Oft betrifft das etwa Menschen, die zum Beispiel in Österreich oder der Schweiz gearbeitet und dort Rentenansprüche erworben haben.“ Eine Lösung des Problems: Die geschiedenen Partner warten bis zur Rente. „Es kann dann sein, dass Geschiedene bei Rentenbeginn noch einmal vor Gericht gehen müssen und auf Basis der ausländischen Rente berechnen lassen müssen, was der bezugsberechtigten Person eigentlich zusteht.“ Die zweite Lösungsmöglichkeit: Eine Abfindung. „Eine Abfindung ist eine einmalige Zahlung“, sagt Elden. „Noch im Scheidungsverfahren wird versucht die ausländischen Rentenbezüge zu bewerten. Werden sich die Eheleute über die Höhe der Abfindung einig, ist das Thema erledigt.“

Wer entscheidet über die Höhe des Versorgungsausgleichs?

Das Familiengericht. „Wurde keine Beschwerde eingelegt, erhalten die Beteiligten eine Rechtskraftmitteilung über den Versorgungsausgleich“, heißt es bei der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Muss der Versorgungsausgleich zwingend stattfinden?

Nein. „Auf den Versorgungsausgleich kann man auch verzichten“, sagt Rechtsanwalt Erkan Elden. „Das macht beispielsweise dann Sinn, wenn man ein Gesamtpaket aus Immobilien, anderen Gütern und möglichen Unterhaltszahlungen schnürt. Ansprüche aus dem Versorgungsausgleich fließen dann in diese Berechnung mit ein.“ Der Rechtsanwalt weist aber darauf hin, dass ein Verzicht nicht immer leicht sei, weil das Gericht von Amts wegen prüfen müsse, ob ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich womöglich sittenwidrig ist.

Was passiert bei einer erneuten Heirat?

Nichts. Laut Deutscher Rentenversicherung bleibt der Versorgungsausgleich aus der vorherigen Ehe erhalten. „Das gilt sogar dann, wenn Sie den früheren Ehepartner erneut heiraten“, heißt es.

Welche Folgen hat der Tod des früheren Ehepartners?

Das hängt davon ab, ob die ausgleichspflichtige Person mit der gekürzten Rente oder die ausgleichsberechtigte Person mit der höheren Rente stirbt. „Beim Versterben der ausgleichspflichtigen Person ändert sich nichts, da der Versorgungsausgleich im Regelfall bereits mit der Scheidung durchgeführt ist“, sagt Rechtsanwalt Elden. Das heißt: Niemand muss sich Sorgen machen, dass nach dem Tod des Ex-Partners die Rente gekürzt wird. Im Gegenzug kann sich die Person, die wegen des Versorgungsausgleichs eine geringere Rente erhält, Hoffnung auf mehr Geld machen: „Beim Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten erfolgt auf Antrag beim Versorgungsträger eine Anpassung, indem die auf dem Versorgungsausgleich basierende Kürzung beim ausgleichspflichtigen Ehegatten für die Zukunft rückgängig gemacht wird“, sagt Elden. Konkret bedeutet das: Die gekürzte Rente wird wieder erhöht, sofern ein Antrag gestellt wurde – Betroffene müssen also selbst aktiv werden. Für eine Bewilligung gelten aber strenge Voraussetzungen, wie auch die Deutsche Rentenversicherung Bund erläutert: Nur wenn die verstorbene Person weniger als 36 Monate lang die höheren Altersbezüge aus dem Versorgungsausgleich bezogen hat, gibt es mehr Rente. „Das heißt, der Zustand vor dem Versorgungsausgleich wird wieder hergestellt“, erläutert Sabine Kraatz von Deutsche Rentenversicherung Bund.

Was gilt für Ehen, die vor 2009 geschieden wurden?

Ging der Scheidungsanstrag vor dem 1. September 2009 beim Familiengericht ein und hat das Familiengericht bis zum 31. August 2010 über den Versorgungsausgleich entschieden, wurde der Versorgungsausgleich laut Rentenversicherung nach altem Recht durchgeführt. Zwar gebe es auch im alten Recht eine Ausgleichsberechnung, im Detail gibt es aber Unterschiede. Ein Beispiel ist das „Rentnerprivileg“. Laut Rentenversicherung wird bei der bezugspflichtigen Person die Rente erst dann gemindert, wenn die Ex-Frau oder der Ex-Mann in Rente geht. Bis zu diesem Zeitpunkt kassiert der Betroffene die vollen Bezüge.

Kostenlose Broschüre

Bei der Deutschen Rentenversicherung ist die Broschüre „Geschiedene: Ausgleich bei der Rente“ kostenlos erhältlich. Telefonisch bestellen lässt sich die Broschüre unter der Nummer 0800/1000 48 00, im Internet gibt es die Broschüre als PDF zum Download: www.bit.ly/rente-scheidung

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