Nach ein paar turbulenten Tagen am deutschen Aktienmarkt steht der Dax 40 wieder unter 16 000 Punkten. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Wirtschaftsvertreter mit der Politik in den letzten Jahrzehnten so unzufrieden wie aktuell waren. Das Handeln unserer Regierung wird als unrealistisch und chaotisch wahrgenommen, egal ob es um den Zustand der Energieversorgung geht, um die für Unternehmen nicht mehr erträgliche Bürokratie, um die zunehmend marode Infrastruktur oder um das sinkende Bildungsniveau an den Schulen.
Blickt man auf den heimischen Aktienmarkt der letzten Monate, so spiegelt sich diese negative Bild nicht wider. Der Dax stand im Oktober 2022 noch unter 12 000 Punkten und ist seitdem auf zwischenzeitlich knapp 16 500 Punkte gestiegen.
Ganz erklären kann das niemand, aber zwei Aspekte spielen hier eine wesentliche Rolle. Zum einen sind deutsche Anleger bei den Unternehmen des Dax 40 in der Minderheit. Bei fast allen Unternehmen liegt die Aktienmehrheit bei ausländischen Investoren. Für die Kursentwicklung zählt daher mehr eine internationale Perspektive und hier gab es einen generellen Bewertungsauftrieb für sehr niedrig bewertete Unternehmen. Davon profitierten unter anderem der deutsche und der japanische Aktienmarkt.
Der japanische Aktienindex Nikkei 225 stieg von knapp 26 000 Punkten im Dezember 2022 auf über 32 000 Punkte. Die Wirtschaftspolitik beider Länder könnte unterschiedlicher nicht sein, die Gemeinsamkeit beschränkt sich auf die Branchenschwerpunkte und die im internationalen Vergleich sehr niedrigen Unternehmensbewertungen.
Aber nicht nur die Investorenperspektive ist eine internationale. Der zweite Grund für die Abkoppelung des Dax 40 vom lokalen wirtschaftlichen Umfeld liegt darin begründet, dass auch die Schwergewichte im Dax 40 im Wesentlichen international aufgestellte Großunternehmen sind. Für diese Global Player ist die wirtschaftliche Entwicklung in China und den USA relevanter, auch wenn sie ihren Firmensitz in Deutschland haben. Diese Unternehmen sind inzwischen aktiv in der Planung, Produktionsbereiche ins Ausland zu verlagern. Diese Unternehmen können den Folgen zum Beispiel unserer Energiepolitik zumindest teilweise ausweichen, sie sind weniger von der deutschen Politik und den hiesigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig als lokale mittelständische Unternehmen. Die letzten wirklich wirtschaftsfreundlichen Reformen in Deutschland wurden unter der Regierung Schröder/Fischer umgesetzt. Das ist über 20 Jahre her. Wenn wir so weitermachen, kommt die Viertagewoche von selbst und der Energiebedarf wird auch von alleine sinken. Ohne Industrie wird es uns leicht fallen, grün zu leben.