So fliegen Steuertrickser auf

von Redaktion

Rund 895,7 Milliarden Steuern nahmen Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2022 ein. Aber es könnte noch mehr sein, wie die Zahlen zum Steuerbetrug belegen: 2021 bearbeiteten die Finanzämter bundesweit rund 50 00 Verfahren wegen Steuerstraftaten, 3800 Bußgeldverfahren abgeschlossen und für die schwersten Straftatbestände Bußgelder in einer Höhe von circa 56 Millionen Euro festgesetzt.

Im selben Zeitraum erledigte die Steuerfahndung bundesweit 32 000 Fälle. Dabei wurden Mehrsteuern in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro festgestellt und Freiheitsstrafen in einem Gesamtumfang von 1293 Jahren verhängt. Steuerbeamte nutzen ein ausgeklügeltes System, um Steuersünder zu enttarnen. Was alles dazu gehört.

Sozialversicherung

Als Angestellter ist man gläsern. Der Arbeitgeber meldet Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge ans Finanzamt. Falschangaben in der Steuererklärung fallen daher sofort auf. Auch das Kurzarbeiter-, Arbeitslosen-, Kranken- oder Elterngeld wird an den Fiskus übermittelt. Es ist zwar steuerfrei, muss aber in der Steuererklärung angegeben werden. Denn es erhöht den Steuersatz auf das übrige Einkommen. Und das kann zu einer Steuernachforderung führen. Wer das versäumt, wird oft erst einmal nicht entdeckt. Aber spätestens, wenn man eine Steuererklärung einreicht (auch Jahre später) schlägt das System der Finanzämter an.

Auch die Höhe der gesetzlichen und privaten Rente oder die Riester-Beiträge sind dem Finanzamt bekannt. Deshalb sollte man diese Summen also keinesfalls höher angegeben, um Steuern zu sparen. Das erkennt das System sofort. Abfindungen und selbstständige Nebeneinkünfte hingegen werden nicht ans Finanzamt gemeldet. Die muss man selbst angeben. Und das sollte man auch tun – denn bei einer Betriebsprüfung tauchen sie auf.

Konteninformationen

Vor Jahren kauften die Bundesländer noch Steuer-CDs mit Informationen über Schwarzgeldkonten – zum Beispiel in der Schweiz. Inzwischen können sie das in den meisten Fällen sparen, denn mit 116 Ländern hat Deutschland jetzt einen automatischen Konteninformationsaustausch. Das heißt: Einmal im Jahr müssen ausländische Banken die Kontostände ihrer deutschen Kunden an das Bundeszentralamt für Steuern melden.

Bankdaten

In Deutschland gilt das Bankgeheimnis. Aber Steuerfahnder dürfen sich bei begründeten Verdachtsfällen teilweise darüber hinwegsetzen. Anlass dafür kann zum Beispiel ein Hinweis durch Dritte sein, aber auch eine Auffälligkeit in der Steuererklärung.

Eigene Recherchen

Finanzbeamte achten auch auf Anzeigen, in denen zum Beispiel „Handwerkerleistungen“ angeboten werden oder durchforsten Plattformen wie Ebay oder Airbnb. Das Vermietungsportal musste 2020 nach einem Gerichtsurteil die Daten seiner Vermieter an die Steuerbehörden weitergeben, damit diese nach unversteuerten Mieteinnahmen suchen konnten.

Notare

Auch Notare sind eine Informationsquelle für den Fiskus. Sie sind dazu verpflichtet, der Behörde alle Immobiliengeschäfte mitzuteilen. Denn häufig fällt darauf Einkommen-, Erbschaft- oder Grunderwerbsteuer an.

Erben

Mit dem Tod indes erlischt das Bankgeheimnis und die Banken müssen eine Mitteilung über den Kontostand des Verstorbenen an das Finanzamt senden. Das hat dann die Möglichkeit nachzuprüfen, ob der Verstorbene alle Einkünfte korrekt versteuert hat. Dabei kann zum Beispiel herauskommen, dass der verstorbene Rentner seit Jahren aufgrund von Rentenerhöhungen steuerpflichtig geworden ist, aber nie eine Steuererklärung abgegeben hat. Dann gilt: Die Erben müssen die Steuerschulden zahlen – oder das Erbe ausschlagen. Vertuschen sie die Steuerhinterziehung, können sie strafrechtlich belangt werden.

Betriebsprüfung

Betriebsprüfung: In regelmäßigen Abständen durchleuchtet das Finanzamt Unternehmen und checkt dabei auch die Einnahmen und Ausgaben. Dabei wird geprüft, ob sich die Ausgaben spiegelbildlich als Einnahmen beim Geschäftspartner wiederfinden.

Selbstanzeige

Grundsätzlich hat jeder Steuerpflichtige in Deutschland eine Mitwirkungspflicht, damit das Finanzamt die korrekte Höhe der Steuerlast feststellen kann. Das heißt im Umkehrschluss: Wer falsche Angaben in der Steuererklärung macht oder gar keine Veranlagung einreicht, obwohl er dazu verpflichtet ist, macht sich strafbar. Auch der Versuch kann bestraft werden – ob mit einer Geld- oder Haftstrafe hängt von der Schwere der Tat ab. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Steuerschulden nebst Hinterziehungszinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr können aber zehn Jahre rückwirkend eingefordert werden. Das heißt: Wer vor sieben Jahren Steuern hinterzogen hat und erwischt wird, muss keine strafrechtliche Verfolgung mehr fürchten, die Steuerschulden (plus Zinsen) aber begleichen. Auf Straffreiheit innerhalb der Fünfjahresfrist dürfen nur diejenigen hoffen, die rechtzeitig – also bevor die Tat entdeckt wird – eine Selbstanzeige machen. Diese muss dann aber vollständig sein.

Streaming

Das System sortiert aus: Jede Steuererklärung läuft in der Finanzverwaltung übrigens erst mal durch ein elektronisches Risikomanagementsystem. Sie wird „gestreamt“ – nennen das die Beamten. Aber nur bei rund zehn bis 15 Prozent der Steuererklärungen wird anschließend auch vollautomatisch der Steuerbescheid erstellt. Beim Rest schlägt das System an – und der Finanzbeamte schaut sich den Fall genauer an.  wdp

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