Tarifwechsel kann sich richtig lohnen

von Redaktion

VON MATTHIAS SCHNEIDER

Die große Mehrheit der Privathaushalte in Deutschland hat in den vergangenen Monaten weder den Strom- noch den Gastarif gewechselt. Obwohl viele von Preiserhöhungen betroffen waren, wollten 83 Prozent ihren Tarif nicht wechseln, ergab eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbands.

Ungefähr jeder Fünfte hat dabei noch so teure Tarife, dass die staatlichen Preisbremsen greifen. Das ist aber privat- wie volkswirtschaftlich ungünstig. Denn die Preisbremsen kosten Steuergelder, obwohl sie nicht mehr gebraucht werden. Und bald bezahlen die Verbraucher die Zeche.

Zusatzkosten

Sollten die Preisbremsen wie geplant zum Jahresende auslaufen, würden das betroffene Verbraucher im Geldbeutel spüren. Beim Strom wären es für einen Durchschnittsverbraucher 56 Euro Mehrkosten im Jahr, ein Plus von 3,9 Prozent. Das hat das Vergleichsportal Verivox mit einem Preisindex errechnet, der sich aus den Konditionen großer Anbieter und Grundversorger zusammensetzt.

Demnach käme es für einen durchschnittlichen Grundversorgungskunden noch teurer: Pro Jahr wären es 152 Euro Mehrkosten beim Strom, ein Plus von 8,7 Prozent.

Noch deutlicher wäre die Belastung beim Gas spürbar: Ein Durchschnittsverbraucher (20 000 Kilowattstunden) würde nach dem Ende der Preisbremsen 173 Euro mehr bezahlen, ein Plus von 7,9 Prozent. In der durchschnittlichen Grundversorgung würden die Preise um 17,3 Prozent steigen, ein Jahresplus von 449 Euro.

Sparpotenzial

Derzeit bezahlt der Staat die Mehrkosten, wenn Gas mehr als 12 Cent und Strom mehr als 40 Cent brutto die Kilowattstunde kosten. Laut dem Vergleichportal Verivox sind aber günstige Tarife im Bundesdurschnitt für neun Cent (Gas) und unter 30 Cent (Strom) erhältlich. Regional kann es sogar noch günstiger sein. „Wer einen neuen Vertrag für Strom oder Gas abschließt, kann derzeit stark von den gesunkenen Preisen profitieren und viel Geld sparen“, sagt auch Ramona Pop, Chefin der Verbraucherzentrale Bundesverband. Denn Gas- und Stromtarife lassen sich bundesweit und vollkommen sich ortsunabhängig abschließen, lediglich die Netzentgelte können variieren. Es empfiehlt sich dabei, eines der gängigen Internet-Vergleichsportale wie Verivox oder Check24 zu nutzen. Dabei geht es um viel Geld.

. Gas

Wechselt man etwa von einem teuren Anbieter (12 Cent/kWh) zu einem günstigen (9 Cent/kWh) spart man bei einem Gasverbrauch von 20 000 Kilowattstunden 600 Euro im Jahr.

. Strom

Ebenfalls beachtlich sind die Summen beim Strom: Allein normale Haushaltskunden (3000 kWh) sparen beim Wechsel vom teuren Anbieter (40 Cent/kWh) zum günstigen (30 Cent/kWh) 300 Euro im Jahr. Bei Besitzern von E-Autos und Wärmepumpen kann sich die Ersparnis schnell vervielfachen.

Sicherheit

Angesichts der nach wie vor angespannten Lage sollten sich Verbraucher nicht auf den Staat verlassen. Denn die Energiepreise – sowohl für Gas, als auch für Strom – werden am europäischen Großmarkt nach wie vor vom Wegfall der russischen Gaslieferungen bestimmt. Denn die Kontingente werden gerade durch Flüssiggas (LNG), vor allem aus den USA, ersetzt. Die Preise dafür reagieren extrem schnell und deutlich auf Veränderungen am Weltmarkt.

Ein Beispiel: „Aktuell sehen wir höhere LNG-Preise in Europa und Asien, da in Australien die Gefahr eines Streiks bei drei Produktionsstellen besteht. Diese Produktionsstellen sind für rund zehn Prozent des gesamten LNG-Angebots weltweit verantwortlich“, erklärt Claus Niegsch, Volkswirt bei der DZ Bank gegenüber unserer Zeitung. Nicht nur die kurzfristigen Verträge wurden daraufhin teurer, auch die Kontrakte für das Jahr 2024 zogen binnen einer Woche um knapp zehn Prozent an.

Noch ist der Preisanstieg aber nicht bei der Verbraucherpreisen angekommen, die Anbieter hoffen wohl auf ein Strohfeuer: „Bisher ist ein dauerhafter Preisanstieg nicht absehbar, denn aktuell ist weder bekannt, ob es tatsächlich zu einem Streik kommt, noch ist die Dauer eines solchen Arbeitskampfes absehbar“, so Volkswirt Niegsch. „Derzeit gibt es keine weiteren nennenswerten Preistreiber.“

Aber: „Ein früher, kalter Winter, ein möglicher Ausfall von Produktions- oder Verflüssigungskapazitäten oder ein deutliches Anspringen der Nachfrage aus China könnten gerade im Winter zu Problemen führen,“ so Niegsch.

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