Schokolade, Chips, Waschmittel, Shampoo: Der Packungsinhalt schrumpft, der Preis bleibt der gleiche oder steigt. „In diesem Jahr haben wir bereits eine Rekordzahl an versteckten Preiserhöhungen in unserer Mogelpackungsliste veröffentlicht“, teilte die Verbraucherzentrale Hamburg zu Wochenbeginn mit. Bis zum 25. August hätten die Experten mit Hilfe der Verbraucher 75 Produkte mit Mogelpackungen entlarven können. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres zählten die Verbraucherschützer noch 50 Mogelpackungen.
Offenbar hat die Zahl der Mogelpackungen in Zeiten der Inflation stark zugenommen hat. „Eine beliebte Methode, um Preiserhöhungen zu verschleiern“, kritisieren die Hamburger Experten. „Auch die Menge an Beschwerden war so groß wie nie zuvor. Rund 2000 Meldungen gingen im ersten Halbjahr bei uns ein.“
Der Trick ist denkbar einfach: Der Preis eines Produkts bleibt gleich oder steigt nur unwesentlich – dafür schrumpft der Inhalt der Verpackung massiv. „Illegal ist das nicht, aber eine Kostenfalle“, erläutert die Stiftung Warentest (Heft 9/2023). „Nur wer ganz genau hinschaut, merkt, dass die Anbieter eine neue Inhaltsmenge auf der Packung angeben.“
Und es lohnt sich, einmal ganz genau hinzuschauen. Beispiel Milka: In der neuen Packung der Eissorte Vanilla & Chocolate Swirl finden sich nur noch drei statt vier Stück Eis. Ein Eis aus der neuen Packung hat mit 90 statt 100 Milliliter auch noch ein geringeres Volumen. Bei drei Stück Eis in der Packung kommt man auf insgesamt 270 Milliliter Inhalt, davor waren in einer Packung insgesamt 400 Milliliter Eis.
Unverändert geblieben ist der Preis. Die neue Packung kostet mit 3,99 Euro genauso viel wie die alte. Umgerechnet auf 100 Milliliter sind das 1,00 Euro für das Eis der alten Packung und 1,48 Euro für das gleiche Eis aus der neuen Packung – eine saftige Preiserhöhung um 48 Prozent.
Beispiele wie dieses gibt es immer mehr: Mundwasser von Listerine kostet dank geringerer Füllmenge plötzlich 33 Prozent mehr, Flips von Lorenz sind 28 Prozent teurer, die Kakao-Mischung Suchard Express steigt kostet 25 Prozent mehr. In der selben Größenordnung haben sich Wildlachs-Filets von Costa und die Joghurtalternative von Alpro verteuert (siehe Fotos). Kaum ein Markenhersteller kann offenbar der Verlockung heimlicher Preisaufschläge widerstehen. Der französische Kosmetikkonzern L’Oréal nutzt die Methode bei einem Shampoo von Garnier, Intersnack aus Düsseldorf bei Chips von Funny Frisch, der deutsche Traditionskonzern Henkel bei seinen Persil Megaperls.
„Mal verringert ein Hersteller die Füllmenge und hält den Preis konstant, wie beim Kakaogetränkepulver Suchard Express. Mal sinkt der Preis leicht, der Inhalt ist aber so stark verknappt, dass sich das Produkt real verteuert“, beanstanden die Experten der Stiftung Warentest. „Besonders dreist: geschrumpfter Inhalt, gestiegener Preis – zum Beispiel beim Mundwasser von Listerine.“
Auf den Packungen stehen Dinge wie „Neu“ oder „New Size“, auch die optische Aufmachung ändert sich oft geringfügig. Damit wird der Eindruck erweckt, es handele sich um ein verbessertes Produkt – obwohl der Packungsinhalt meist der gleiche ist.
Oder man macht es wie der US-amerikanische Lebensmittelkonzern Mondelez: Das Unternehmen ist nicht nur für seine Milka-Produkte bekannt, sondern auch für Knabber-Marken wie 7-Days oder Tuc. „Doch jetzt hat sich der Lebensmittelkonzern Mondelez etwas Neues einfallen lassen, und Rewe spielt als Händler offensichtlich gerne mit“, kritisierte die Verbraucherzentrale Hamburg bereits im März. Die 7-Days Bake Rolls von Mondelez wurden unter neuem Markennamen verkauft – als Tuc Bake Rolls. Aussehen, Rezepturen und Nährwerte blieben laut den Verbraucherschützern „quasi identisch“ – abgesehen von einem etwas geringeren Salzgehalt der neuen Bake Rolls.
„Alter Wein in neuen Schläuchen war hier wohl das Motto der Marketingprofis“, monierten die Verbraucherschützer schon damals. Und in der neuen Packung war kaum noch etwas drin – bei einem kräftigen Preisaufschlag: Statt 250 Gramm für 1,39 Euro gab es den Knabberkram bei Rewe für 1,89 Euro – und zwar in der deutlich kleineren 150-Gramm-Packung. Die Verbraucherschützer haben nachgerechnet: Der Snack ist um 127 Prozent im Preis gestiegen!
„Zum besseren Verständnis: Ein Kilogramm Bake Rolls kosteten bisher 5,56 Euro, jetzt werden für die gleiche Menge 12,60 Euro fällig.“ Die Verbraucherzentrale Hamburg kürte die Tuc Bake Rolls im März zur „Mogelpackung des Monats“.
Wegen fehlender Gesetze bleibt Kunden beim Einkaufen nur eine Möglichkeit, die Tricksereien zu umgehen: Preise vergleichen und notfalls zum günstigeren Konkurrenz-Produkt greifen. „Händler müssen Grundpreise für Lebensmittel nennen, etwa pro Kilogramm oder pro Liter“, erklärt die Stiftung Warentest. Die Angaben stehen im Supermarkt oder in der Drogerie meist am Regal.
Mogelpackung melden
Beim Aufspüren von Mogelpackungen sind Verbraucherschützer auf Meldungen von Supermarkt-Kunden angewiesen. Im Internet findet sich bei der Verbraucherzentrale Hamburg ein Kontaktformular:
bit.ly/mogelpackung-melden Die Stiftung Warentest nimmt Meldungen per E-Mail entgegen: test@stiftung-warentest.de