Das Recht auf Vergessen – auch das ist ein Internetthema. Wann es eine Pflicht zur Löschung von Einträgen gibt, das regelt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Wie sich die Rechte durchsetzen lassen, ist freilich eine andere Frage. Vereinfacht ausgedrückt besagt die Datenschutz-Grundverordnung, dass immer dann, wenn Daten mit Personenbezug erhoben werden, der Empfänger der Daten auch die Pflicht hat, die Daten zu löschen. Das gilt auch, wenn derjenige, dessen Daten erhoben wurden, nicht danach verlangt. Denn es könnte ja der Verarbeitungsgrund wegfallen. „Als derjenige, dessen Daten gesammelt wurden, kann man sich aber auch bei der verantwortlichen Stelle melden und die Löschung verlangen“, erklärt Rechtsanwalt Karsten U. Bartels vom Deutschen Anwaltverein.
Anspruch
Klassischerweise beziehe sich dieser Löschwunsch auf Medienberichte oder andere Texte, die online veröffentlicht wurden und über Suchmaschinen auffindbar sind, sagt Christine Steffen, Juristin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Auch wenn der ursprüngliche Text noch nicht gelöscht wird, ist schon viel gewonnen, wenn der Text nicht mehr gefunden werden kann.“ Es kann aber auch ganz andere Löschbegehren geben: Etwa Bilder oder Videos, die Anschrift oder Kontaktdaten wie die E-Mail-Adresse, die man einmal irgendwo angegeben hat, das alles muss nicht ewig aufbewahrt werden. Das gilt selbst für eine Bewerbungsmappe, die man klassich und offline per Post an ein Unternehmen geschickt hat.
„Ein berechtigter Löschungsanspruch kann vorliegen, wenn die Daten falsch sind oder wenn diese Information nicht öffentlich verbreitet werden soll“, erklärt Bartels. Oder wenn Sie nie eingewilligt haben, dass Daten erhoben werden. „Es kann aber auch sein, dass eine ursprünglich zulässige Verarbeitung meiner Daten unrechtmäßig geworden ist“, schildert Steffen.
Vorgehen
Was muss ich fürs Löschen tun? „Eigentlich scheint die Vorgehensweise simpel, in der Praxis ist sie das aber nicht“, sagt Bartels. Das Gesetz besagt: Wer Daten löschen lassen will, wendet sich an denjenigen, der die Daten verarbeitet. „Dazu muss ich aber erst einmal wissen, wer das ist.“
Der Antrag auf Löschung muss Bartels zufolge nicht schriftlich erfolgen. „Das telefonisch zu regeln, ist allerdings nicht zu empfehlen, weil man dann die Geltendmachung nicht beweisen kann.“ Für die Formulierung des Antrags empfiehlt Christine Steffen: Versetzen Sie sich in die Lage des Empfängers, der nicht weiß, worum es geht. Formulieren Sie Ihre Forderung so, dass möglichst klar ist, was gemeint und was gewollt ist. Musterbriefe für Löschbegehren lassen sich bei den Vebraucherzentralen herunterladen.
Zur Legitimation lässt sich häufig eine Ausweiskopie hochladen oder mitschicken. „Wir empfehlen, nur Name, Anschrift und Geburtsdatum freizulassen und alle anderen Angaben zu schwärzen“, sagt Steffen.
Wenn es um im Netz veröffentlichte Texte geht, rät Juristin Steffen, zweigleisig zu fahren, also die Betreiber von Suchmaschinen zu kontaktieren. Google beispielsweise stellt dafür ein Online-Formular bereit. „Parallel sollte man sich an die ursprüngliche Quelle wenden, also den Website-Betreiber“, sagt Steffen. Wer das ist, verrät ein Blick ins Impressum.
Bei falschen Informationen sei die Lage meist klar und eindeutig, so Steffen. Doch das Recht auf Datenlöschung stößt dort an Grenzen, wo die Rechte anderer etwa auf Meinungsbildung oder Information überwiegen könnten. Spätestens dann sei anwaltliche Hilfe notwendig, meint Christine Steffen.
Reaktionsfrist
„Die Daten müssen unverzüglich gelöscht werden, also ohne schuldhaftes Zögern, das heißt aber nicht in jedem Fall sofort“, erklärt Karsten U. Bartels. Die im Gesetz festgelegte Reaktionsfrist von einem Monat bedeutet, dass der Verantwortliche über die ergriffenen Maßnahmen innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags Auskunft geben muss.
„Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber es muss einem bewusst sein, dass es nichts vergisst“, fasst Christine Steffen zusammen. Denn selbst wenn Daten gelöscht werden, kann es sein, dass sie von anderen längst kopiert, gespeichert oder weiterverbreitet wurden.
BERNADETTE WINTER