Im Wald Beeren pflücken oder Schwammmerl sammeln, ein paar Trauben im Weinberg stibitzen oder den Apfel vom Baum am Wegesrand testen – zum Spaziergang gehört das für viele dazu. Einiges ist erlaubt, anderes wird toleriert. Doch es gibt Grenzen. Zum Beispiel, wenn man säckeweise Essbares abschleppt, Pflanzen beim Abernten zerstört, fremdes Eigentum oder Verbotenes pflückt.
Was ist erlaubt?
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz dürfen wild wachsende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter in geringen Mengen grundsätzlich von jedem gepflückt oder gesammelt werden. Von der Menge her erlaubt ist, was nicht über einen „Handstrauß“ hinausgeht: Bei Blumen entspricht dies nach Angaben des baden-württembergischen Umweltministeriums dem, was zwischen Daumen und Zeigefinger passt. Wer gewerbsmäßig abernten will, braucht eine behördliche Genehmigung.
Was ist zu beachten?
Zunächst einmal sollte man sich vergewissern, dass man nicht ein Privatgrundstück aberntet. Wer in der freien Natur sammelt und pflückt, sollte behutsam mit den Pflanzen umgehen. Erlaubt ist nur die Ernte für den persönlichen Bedarf und nur an Stellen, die betreten werden dürfen. In Naturschutzgebieten gibt es zum Beispiel besondere Vorschriften zum Betreten des Gebiets und Regeln zum Artenschutz. In der Regel dürfen hier dem Ernährungsministerium zufolge Beeren, Blumen oder Pilze weder entnommen noch gesammelt werden. Auch in sogenannten Bannwäldern, die sich ohne Zutun des Menschen entwickeln, sollte demnach nicht gesammelt werden.
Was ist verboten?
Das Abernten von Mengen, die über den „Handstrauß“ hinausgehen, ist genauso verboten wie die Entnahme streng geschützter Arten aus der Natur. Nicht erlaubt ist laut Naturschutzgesetz auch, wild wachsende Pflanzen ohne vernünftigen Grund herauszureißen oder Bestände zu verwüsten. Letzteres kann etwa durch Beerenkämme geschehen, die zumindest in Frankreich mancherorts verboten sind. Drastische Fälle wie in den französischen Vogesen, wo die Behörden mit hohen Strafen gegen illegale Heidelbeer-Banden vorgehen, sind hierzulande bislang nicht bekannt.
Welche Strafen drohen?
Ein Verstoß gegen geltende Verbote kann nach Angaben des Ernährungsministeriums als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Die Bußgelder können nach Paragraf 69 Bundesnaturschutzgesetz bei bis zu 50 000 Euro liegen.
Darf man Äpfel und anderes Obst am Wegesrand pflücken?
Auch wenn sich hartnäckig die Ansicht hält, dass der unerlaubt gepflückte Apfel ein Kavaliersdelikt ist – „Mundraub“ gibt es nicht mehr als eigenes Delikt; pflückt man von fremden Grundstücken ohne Einwilligung des Eigentümers Obst, ist das nach dem Strafrecht ein Diebstahl wie jeder andere, wie die Siegener Strafrechtskanzlei Kotz betont. Theoretisch ist eine Strafe bis zu fünf Jahren möglich.
Welche Ausnahmen gibt es bei Obstbäumen?
Das Agrarministerium verweist auf die Aktion „Gelbes Band“, die in manchen Landkreisen jährlich zur Erntezeit stattfindet. Gelb-orangene Bänder um Bäume weisen darauf hin, dass von diesem Baum gern geerntet werden darf. Sowohl Privatbesitzer als auch Kommunen können ihre Bäume so kennzeichnen. Die Aktion soll ein Beitrag dazu sein, dass mehr Obst verwertet wird und nicht ungenutzt vom Baum fällt und verkommt. Auch gibt es vielerorts in Deutschland die Möglichkeit, legal „Mundraub“ zu begehen: Auf der Webseite Mundraub.org können Kommunen und private Besitzer Bäume und Sträucher registrieren lassen, die andere abernten dürfen.