„Freifahrtschein vom Finanzamt“

von Redaktion

Ab einer bestimmten Höhe müssen Kapitaleinkünfte versteuert werden. Notwendige Abgaben führen Geldinstitute ganz automatisch an die zuständigen Finanzämter ab, Verbraucher bekommen davon meist wenig mit. Mit einer Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) oder einem Freistellungsauftrag haben Sparer aber einen Einfluss darauf, ob und ab wann Steuern abgeführt werden. Die Frage ist: Für wen ist die NV-Bescheinigung, für wen der Freistellungsauftrag geeignet? Antworten auf wichtige Fragen.

Was ist eine Nichtveranlagungsbescheinigung?

Privatpersonen, deren Einkommen einschließlich der Kapitalerträge im Kalenderjahr den Grundfreibetrag von 10 908 Euro nicht übersteigt, müssen 2023 grundsätzlich noch keine Steuern bezahlen. Aber: Finanzinstitute können nicht wissen, bei wem das der Fall ist. Sie sind deshalb bei Kapitalerträgen gezwungen, Steuern abzuführen – es sei denn, sie bekommen eine entsprechende Mitteilung. Hier kommt die Nichtveranlagungsbescheinigung ins Spiel. Diese Bescheinigung können Geringverdienende mit entsprechenden Nachweisen beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt beantragen. Bei Bewilligung bekommen Antragsteller die NV-Bescheinigung zugeschickt und können sie dann beim jeweiligen Kreditinstitut vorlegen. Nun könne das Kreditinstitut die Kapitalerträge ohne betragsmäßige Begrenzung und ohne Steuerabzug auszahlen, sagt Juliane Weiß vom Bundesverband deutscher Banken. Wer eine NV-Bescheinigung bekommen hat, hat eine Art „Freifahrtschein vom Finanzamt“, sagt Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen. Das heißt: Er oder sie muss vorerst nicht mal eine Steuererklärung abgeben und auch keine Steuern zahlen. Die Bescheinigung ist drei Jahre gültig und muss nach Ablauf der Zeit erneut beantragt werden. Ändern sich die finanziellen Verhältnisse, muss die Bescheinigung zurückgegeben werden.

Und was ist ein Freistellungsauftrag?

Bei Einzelpersonen sind Kapitalerträge von bis zu 1000 Euro pro Jahr steuerfrei. Bei Ehegatten liegt dieser sogenannte Sparer-Pauschbetrag sogar bei insgesamt 2000 Euro. „Nur darüber liegende Beträge sind neben den anderen Einkünften zu versteuern“, sagt Verbraucherschützer Mai. Mit dem Freistellungsauftrag, den Sparer bei ihrer Bank stellen, können sie ihrer Bank anordnen, Kapitalerträge bis maximal zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags steuerfrei auszubezahlen. Dabei können die Beträge auch aufgeteilt werden. Wer etwa als Single bei zwei Geldinstituten Kapitalerträge erwirtschaftet, kann bei beiden einen Freistellungsauftrag stellen – zum Beispiel mit hälftiger oder einer beliebig anderen Teilung.

Worin bestehen die Unterschiede?

Der Freistellungsauftrag gilt nur für Kapitalerträge, also Gewinne aus einer Geldanlage – etwa Dividenden, Kursgewinne und Zinsen. Mit einer NV-Bescheinigung entfällt das Steuerzahlen generell. Banken und Sparkassen, denen diese Bescheinigung vorliegt, nehmen grundsätzlich keinen steuerlichen Abzug vor – selbst bei Kapitalerträgen, die über den Freistellungsauftrag hinausgehen.

Für wen lohnt sich was?

Die NV-Bescheinigung lohnt sich für Rentner sowie Pensionäre mit geringer Rente oder Pension, die aber zum Beispiel über höhere Kapitalerträge verfügen. Auch Geringverdiener, Studenten und Kinder mit Sparvermögen können damit unnötige Steuerabzüge von Banken oder etwa Fondsgesellschaften verhindern. Kinder haben in aller Regel keine anderen Einnahmen.

Einen Freistellungsauftrag einzurichten, das lohnt sich für alle mit Zinseinnahmen oder anderen Kapitalerträgen, um die Erträge bis zur Freigrenze ohne Abzug zu erhalten. Banken, Bausparkassen oder Fondsgesellschaften führen ansonsten die 25-prozentige Abgeltungssteuer ans Finanzamt ab. „Ist der Freistellungsauftrag vergessen worden oder ungünstig verteilt, lässt sich die zu viel gezahlte Steuer nur noch im Rahmen der Einkommensteuererklärung zurückholen“, sagt Verbraucherschützer Mai.  dpa

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