Otto B.: „Vater und Tochter haben zusammen vor 12 Jahren eine Doppelhaushälfte gekauft (Besitzverhältnis 50:50) und vermietet. Entsprechend werden auch die Einnahmen bei der Steuer hälftig erklärt. Inzwischen ist das Haus abbezahlt und die Tochter ist darin eingezogen. Angenommen, sie stirbt. Als mögliche Erben gibt es zwei Schwestern, Vater und Mutter als nächste Verwandte und fünf unmündige Nichten und Neffen. Wie kann der Immobilienanteil gerecht und steuersparend verteilt werden? Wichtig ist, dass die Doppelhaushälfte nicht verkauft werden soll.“
Sollte die Tochter – unverheiratet – versterben und kein Testament gemacht haben, werden nach der gesetzlichen Erbfolge ihr Vater und ihre Mutter ihre gesetzlichen Erben, die beide jeweils einen Freibetrag in Höhe von 100 000 Euro haben. Damit würden sie den 50-prozentigen Miteigentumsanteil an der Doppelhaushälfte erben, sollte allerdings dessen Wert höher als 200 000 Euro sein, müssten die Eltern Erbschaftsteuer zahlen.
Zu überlegen ist, ob die Tochter nicht über ein Testament die Erbfolge anders regelt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Doppelhaushälfte nicht verkauft werden soll. Hierzu könnte die Tochter die Eltern testamentarisch als nicht befreite Vorerben einsetzen und die fünf unmündigen Nichten und Neffen als Nacherben ab Eintritt der Volljährigkeit aller fünf (=Nacherbfall). Die Eltern können dann bis zum Eintritt des Nacherbfalls das hinterlassene Erbe zwar zu Lebzeiten nutzen, insbesondere auch vermieten, zumal der Vater ja selber einen 50-Prozent-Miteigentumsanteil an der Immobilie innehat. Sie wären aber zum Schutz der Nacherben in ihrer Verfügungsmacht eingeschränkt, insbesondere ist es ihnen nicht erlaubt, den Immobilienanteil aus dem Nachlass zu veräußern oder unentgeltlich auf einen Dritten zu übertragen.
Steuerlich ist bei der Vor-und Nacherbschaft zu sehen, dass nach dem Gesetz die Eltern als Vorerben als vollwertigen Erben – trotz Verfügungsbeschränkung – angesehen werden und voll besteuert werden. Die Eltern bieten sich als Vorerben aber deshalb an, weil sie im Unterschied zu den Schwestern – die gegenüber der Tochter nur jeweils einen Freibetrag in Höhe von 20 000 Euro haben – den höheren Freibetrag haben. Auch die Nacherben werden besteuert und zwar wird nach dem Gesetz das Vermögen als vom Vorerben stammend besteuert, sodass der Freibetrag gegenüber den Großeltern in Höhe von jeweils 200 000 Euro zum Tragen kommt. Zudem gilt nach dem Gesetz, da der Nacherbfall nicht mit dem Tod der Vorerben eingetreten ist, sondern aufgrund eines anderen Umstandes, nämlich der Volljährigkeit, dass eine Anrechnung der bereits vom Vorerben entrichteten Erbschaftsteuer erfolgt. Denkbar wäre auch, statt der Enkel die beiden Schwestern als Nacherben für den Falle des Versterbens der Eltern einzusetzen. Diese hätten dann bei der Besteuerung gegenüber Vater und Mutter jeweils einen Freibetrag in Höhe von 400 000 Euro, sie könnten aber keine Anrechnung geltend machen. Zu sehen ist jedoch, dass der Vater neben der Vorerbschaft seine Enkel oder Töchter – je nach Konstruktion – bezüglich seines eignen Miteigentumanteils testamentarisch bedenken sollte, damit am Ende das Haus insgesamt auf die Enkel oder Töchter übergehen kann.