Auch der schönste Herbst hat Tücken

von Redaktion

VON MAIK HEITMANN

Laub

Im Herbst verwandelt das Laub Gehwege teilweise in glitschige Rutschpfade. Dann sind Grundstückseigentümer gefragt. Der Bund der Versicherten macht zwar deutlich, dass „grundsätzlich die Kommunen verpflichtet sind, Laub von öffentlichen Straßen und Gehwegen zu räumen“. Das gilt aber nicht für private Grundstücke, die an die Gehwege grenzen.

Eigentümer und Mieter müssen dann räumen. Denn die Gemeinden übertragen die Pflicht zum Kehren fast immer auf die Hauseigentümer. Deshalb haften diese auch für die Folgen, wenn Passanten auf glitschigem Herbstlaub ausrutschen und sich verletzen.

Meist vereinbaren Eigentümer mit ihren Mietern, dass diese den Bürgersteig reinhalten. Auch wenn das mietvertraglich festgehalten ist, bleibt der Eigentümer in der Pflicht. Er muss regelmäßig kontrollieren, ob die Mieter ordentlich arbeiten. Sollte der Vermieter einen seiner Mieter wegen Schadenersatz angehen müssen, weil der es mit der Laubbeseitigung zu locker genommen hat und ein Passant zu Schaden gekommen ist, so tritt in der Regel die Privathaftpflichtversicherung des Mieters ein – sofern er eine besitzt.

Besitzer selbst genutzter Eigenheime werden ebenso von der Privathaftpflichtversicherung geschützt. Bei Besitzern von Mehrfamilienhäusern oder Vermietern von Einfamilienhäusern tritt die Haus- und Grundeigentümer-Haftpflicht ein. Und bei Anlagen mit Eigentumswohnungen sind im Regelfall alle Eigentümer mit im Boot.

Passiert ein Unglück, so muss sich der Geschädigte mit seinen Ansprüchen an die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) wenden. Seit der WEG-Reform im Jahr 2020 bestehen Ersatzansprüche nur noch gegen die Eigentümer. Der Verwalter fungiert als gesetzlicher Vertreter der WEG.

Es gibt übrigens keine festen Regelungen, wie häufig gekehrt werden muss. Und nicht jeder Unfall auf laubbedecktem Boden zieht automatisch Schadenersatzansprüche nach sich. Im Streitfall prüfen Richter, ob der Fußgänger den Unfall nicht durch allzu sorgloses Verhalten mitverschuldet hat. Hier einige Urteile.

Hat ein Hauseigentümer den vor seinem Grundstück verlaufenden Gehweg wenige Tage zuvor von Laub und Ästen befreit, so kann eine Passantin, die danach auf „frisch nassem“ Laub ausrutscht und sich verletzt, weder Schadenersatz noch Schmerzensgeld verlangen. Es sei dem Grundstückseigentümer nicht zuzumuten, das Laub jeweils sofort beseitigen zu müssen, so das Landgericht Coburg (AZ: 14 O 742/07). In einem weiteren Fall hat das Amtsgericht München entschieden, dass ein Grundstücksbesitzer zwar grundsätzlich von seinem Nachbarn eine Ausgleichszahlung verlangen kann, wenn von dessen Grundstück „unzumutbare störende Einwirkungen“ ausgehen. Dazu könne auch Laubfall gehören. Allerdings komme es darauf an, wie die örtlichen Gegebenheiten seien. Befinden sich die Grundstücke in einer Siedlung, in der große Bäume das Gesamtbild prägen, so muss ein erhöhtes Laub-, Blüten-, Samen- und Ästeaufkommen ganzjährig geduldet werden. Hier verlangte der Nachbar 500 Euro „Laubrente“ jährlich – vergeblich – dafür, dass er mindestens drei Mal im Jahr seine Regenrinnen reinigen und bis zu 1200 Liter Laub entsorgen müsse (AZ: 114 C 31118/12).

Dunkelheit

Ein Fußgänger stolperte im Herbst bei Dunkelheit über einen 30 Zentimeter hohen Betonklotz (der ein Gelände vor der Durchfahrt von Fahrzeugen schützt), weil er ihn wegen fehlender Beleuchtung nicht gesehen hatte. Er forderte vom Betreiber des Geländes wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schmerzensgeld; er hatte sich bei dem Sturz einen Arm gebrochen. Das Landgericht München I sprach dem Mann diesen Anspruch grundsätzlich zu. Es stellte aber auch eine Mitschuld in Höhe von 50 Prozent fest, weil er – eben wegen der Dunkelheit – vorsichtiger hätte sein müssen. Unter dem Strich blieben 4500 Euro Schmerzensgeld für den Verletzten (AZ: 25 O 9420/08).

Kastanien und Nüsse

Eine Frau stellte ihr Auto auf einem kommunalen Parkplatz ab, der unter einem mit „reichlich Kastanien bestückten“ Baum lag. Wird das Fahrzeug von einem „Kastanienregen“ verbeult, so muss die Stadt keinen Schadenersatz leisten. Das hat das Landgericht Aachen entschieden. Die örtliche – von jedem Parkplatznutzer zu erkennende – Situation erforderte es nicht, dass die verkehrssicherungspflichtige Kommune Sicherheitsvorkehrungen (zum Beispiel: Warnschilder) hätte treffen müssen (AZ: 4 O 350/02)´.

Ähnliches gilt für einen Walnussbaum eines Grundstückseigentümers, unter den ein Mann seinen Pkw im Herbst abgestellt hat – wenn auch auf seinem eigenen Grundstück. Ragt der Walnussbaum einen guten Meter auf seinen Grund und Boden herüber, so muss er damit rechnen, dass er reife Walnüsse abwerfen und seinen Wagen gegebenenfalls beschädigen kann. Das Amtsgericht Frankfurt hält dies für „naturgegeben“. War der Baum nicht krank, so könne der Autobesitzer keine Schadenersatzansprüche gegen seinen Nachbarn geltend machen (AZ 32 C 365/17 – 72).

Laubbläser

Eine nahe an einem Friedhof in einer Eigentumswohnung lebende Frau kann nicht verlangen, dass die Friedhofsverwaltung im Herbst auf dem Gelände auf den Einsatz verbrennungsmotorbetriebener Laubbläser verzichtet. Das hat das Saarländische Oberverwaltungsgericht entschieden. Zwar handelt es sich um einen „Ort der Stille“, was aber nicht bedeute, dass naturgegebener Aufwand nicht betrieben werden müsse, um im Herbst für freie Wege zwischen den Grabstellen zu sorgen. Ausnahmen gibt es nur für besonders lautstarke Geräte, die nicht an Wochenenden und werktags nur zu bestimmten Uhrzeiten eingesetzt werden dürfen (AZ: 2 A 173/17).

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