Die spannendsten neuen Spiele

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

Cat in the Box

Katzen gehen immer. Das gilt nicht nur für Videoclips. Auch Spiele wie „Cat in the Box“ (Verlag Pegasus), wo im Stil von Manga-Comics gezeichnete Samtpfoten sich auf Karten räkeln, kokettieren damit. Ein Stichspiel mit Quantenmechanik verspricht das Autorenduo Muneyuki Yokouchi und Osamu Inoue, was komplizierter klingt, als es dann wird. Das Quantenmechanische ist, dass man nicht sicher sein kann, welchen Zustand – sprich welche Farbe – die Karten auf der Hand haben. Sie sind alle schwarz-weiß. Wer eine Drei ausspielt, macht sie erst dadurch grün, dass er einen seiner Spielsteine auf einem Tableau auf die grüne Drei legt. Da es jede Karte nur einmal geben darf, schränkt das die Kartenhand nach und nach ein. Was umso mehr gilt, als man sich von einer Farbe jederzeit für frei erklären darf. Die darf man aber auch später nicht mehr spielen, was die Gefahr eines Paradoxons erhöht. Das erleidet, wer nur noch Zahlen auf der Hand hält, deren Farben schon gespielt sind oder von denen man frei ist. Der Betroffene beendet eine Stichrunde dann vorzeitig und erhält Minuspunkte. Alle anderen streichen Siegpunkte für Stiche ein und Sonderpunkte, falls sie die Anzahl ihrer Stiche richtig vorhergesagt haben. Auch die Sonderpunkte gehorchen einer unüblichen Stichspielregel. Es gibt sie für miteinander verbundene eigene Spielsteine auf dem Kartentableau. Keine Stunde dauert diese Art des Zockens.

Applejack

Familientauglich auf eine Streuobstwiese lädt „Applejack“ (The Game Builders). Beim Legespiel von Uwe Rosenberg und Lukas Siegmon platzieren bis zu vier Personen ab acht Jahren sechseckige Apfelplättchen auf ihrer Wiesenablage. Dreimal wird im Lauf einer 45 Minuten dauernden Partie gewertet, bis die Ablagen alle voll belegt sind. Ein Zug ist einfach – Apfelplättchen wählen, mit Honigchips zahlen und auf die Wiese legen. Der Grübelfaktor ist aber nicht zu unterschätzen. Der Kauf von Apfelplättchen mit Honig ist ein ständiges Abwägen. Man will sie billig einkaufen, weil Honig Siegpunkte bringt, aber gleiche Apfelsorten aneinanderlegen, weil auch das punktet. Dann wären da noch zusätzliche Honigwaben auf vielen Plättchen, die geschickt aneinandergelegt zusätzlich Honig und damit Siegpunkte bringen. So schön das Spielmaterial und so gefällig die erzeugt Idylle sind, so wenig sollte man „Applejack“ unterschätzen. Glück spielt fraglos eine Rolle. Taktisches Pflanzen von Apfelbäumen ist aber entscheidender.

Mysterium Kids

Auf welch ungewöhnliche Weise ein Spiel die Sinne erfassen kann, demonstriert „Mysterium Kids“ (Libellud) von Antonin Boccara und Yves Hirschfeld. Nicht nur Kinder sind jedenfalls sofort dabei, wenn es gilt, auf einem Tambourin das Geräusch eines Radiergummis zu simulieren und das so, dass es vom Geräusch einer wässernden Gießkanne zu unterscheiden ist. Schon allein dieses geniale Spielprinzip macht die Neuheit zum verdienten Kinderspiel des Jahres 2023. „Mysterium Kids“ ist kooperativ. Immer einer von bis zu sechs Mitstreitern ab sechs Jahren übernimmt abwechselnd die Rolle des Geistes von Kapitän Buh und das Tambourin. Dann werden fünf Karten aufgedeckt, die allerlei vom profanen Nudelholz über schwebende Seifenblasen bis zum Schälen eines Apfels zeigen können. Per Tambourin kommuniziert der Geist nun akustisch aus dem Jenseits mit den Mitspielern. Die rätseln engagiert, welche der fünf Karten gerade akustisch imitiert wird. Einigen sie sich auf die richtige, gibt es zum Lohn den Teil eines Schatzes von Kapitän Buh. Je mehr am Ende auf diese Weise eingeheimst werden, desto besser. Wobei hier weniger Gewinnen als Spielspaß pur im Vordergrund steht. 20 bis 30 Minuten dauert eine Partie. Bei der bleibt es allerdings selten.

Planet Unknown

Bestes Erwachsenenspiel des Jahres ist 2023 für viele „Planet Unknown“ (Strohmann Games) von Ryan Lambert und Adam Rehberg. Den Deutschen Spielepreis hat es errungen. Die Jury „Spiel des Jahres“ hat sich anders entschieden. Schon beim Auspacken des opulenten Spielmaterials werden die Augen größer. Alle Blicke auf sich zieht eine riesige Raumstation in Form einer fliegenden Untertasse, die die ganze Schachtel ausfüllt. Sie ist drehbar und enthält zwölf Fächer für unterschiedlichste Teile, aus denen bis zu sechs Spieler ab zehn Jahren in den folgenden eineinhalb bis zwei Stunden jeweils einen eigenen Planeten puzzeln. So eingängig das Prinzip ist, so knifflig wird es bei der Wahl des Puzzlestücks. Auf jedem sind in unterschiedlicher Kombination zwei Ressourcen von Bevölkerung und Wasser über Biomasse bis zu Technologie und einem Rover zur Fortbewegung abgebildet. Wer eine Ressource legt, steigt auf der entsprechenden Skala auf, was Punkte oder Boni, Spezialfähigkeiten oder Bewegungen mit dem Rover bringt, um damit Meteoriten oder Rettungskapseln einzusammeln. Das Puzzeln wird dadurch sehr taktisch und spannend, auch wenn jeder für sich spielt. Nur Aufgabenkarten, die man jeweils im Vergleich zum linken und rechten Nachbarn erfüllen muss, sorgen für direkte Rivalität. Toll ist, dass alle gleichzeitig am Zug sind und es viele Wege gibt, um Siegpunkte zu sammeln. Mit rund 70 Euro hat das Spiel seinen Preis, aber den ist es wert. Tipp: Für die Raumstation unbedingt eine elastische Abdeckhaube besorgen, weil sonst alle sortierten Puzzleteile lose sind.

Tribes of the Wind

„Tribes of the Wind“ (Huch) von Joachim Thome sticht in zweierlei Hinsicht hervor. Es ist das anspruchsvollste der vorgestellten Spiele und das mit dem bemühtesten Thema. Die Welt ist durch Gifte unbewohnbar geworden. Wir säubern sie und errichten mit engelhaften Windreitern eine neue Zivilisation aus Wäldern sowie Baumdörfern. Der pädagogische Zeigefinger ist erhoben. Jeder erhält ein eigenes Tableau mit einer verschmutzen Welt. Die muss man Parzelle für Parzelle entgiften, dann dort einen Wald pflanzen und schließlich Baumdörfer bauen. Dazu gibt es Elementar- und Dorfkarten, Waldplättchen, verschiedene Arten von Spielsteinen und Anführer. Das klingt verwirrend, aber alles passt schlüssig und stimmig zusammen. Wichtigster und häufigster von drei alternativen Spielzügen ist das Spielen von Elementarkarten, die positive Effekte wie das Entgiften verseuchter Landstriche mit sich bringen. Das Spielen von Karten ist aber an Voraussetzungen gebunden, die oft über den eigenen Einflussbereich hinausgehen. Mehr Elementarkarten vom Typ Feuer auf der eigenen Hand zu halten als der linke und/oder rechte Nachbar, kann zum Beispiel gefordert sein. Um das Ausspielen von Elementarkarten wird deshalb am meisten gerungen. Zwölf Jahre sollten die bis zu fünf Spieler alt sein, um das Kombinieren aller Elemente zu meistern. In voller Besetzung dauert das Spiel eineinhalb Stunden. Es funktioniert zu zweit so gut wie zu fünft.

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