Mit Ihrem gemeinschaftlichen Testament, mit dem Sie und Ihre Frau sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben, sieht sich im ersten Erbfall der überlebende Ehegatte dem Problem gegenüber, dass Ihre drei Kinder ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen können. Unterstellt, dass Sie und Ihre Frau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, würde der Pflichtteilsanspruch eines jeden Kindes die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und damit 1/12 am Nachlass des erstverstorbenen Ehegatten betragen. Unterstellt, dass der Nettonachlass des erstverstorbenen Ehegatten die Hälfte des Wertes der Immobilie beträgt (= 750 000 Euro), würde dies rein rechnerisch einen Betrag in Höhe von 62 500 Euro pro Kind ergeben. Mit dieser von Ihnen angedachten Pflichtteilsstrafklausel möchten Sie daher wohl in erster Linie verhindern, dass eines Ihrer Kinder diesen Anspruch nach dem Tod des Ehegatten geltend macht und der überlebende Ehegatte sogar die Immobilie zur Erfüllung dieser Ansprüche verkaufen müsste.
Daneben erreichen Sie mit dieser Klausel, dass Kinder, die einen Pflichtteil nicht geltend gemacht haben, nicht dadurch benachteiligt werden, dass dasjenige Kind, das seinen Pflichtteilsanspruch erhalten hat, noch einmal als Schlusserbe am Nachlass beteiligt wird und somit wirtschaftlich bessergestellt wird.
Zu sehen ist allerdings, dass eine solche Pflichtteilsklausel lediglich eine Abschreckungsfunktion entfalten kann, aber der Pflichtteilsanspruch an sich sowohl im ersten als auch im zweiten Erbfall dadurch nicht verhindert wird. Wollen Sie und Ihre Frau sichergehen, dass eine Belastung des überlebenden Ehegatten mit Zahlungsansprüchen nicht erfolgt, müssen Sie und Ihre Frau mit Ihren Kindern einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren, der notariell zu beurkunden ist.
Zu sehen ist allerdings bei Ihrer testamentarischen Gestaltung auch, dass Sie die erbschaftsteuerlichen Freibeträge der Kinder nach dem erstversterbenden Ehegatten nicht ausnutzen, und die Kinder im Schlusserbfall – sollte die Immobilie insgesamt im Wert von 1,5 Millionen Euro sich noch im Nachlass des überlebenden Ehegatten befinden – erbschaftsteuerpflichtig werden können, weil die Freibeträge in Höhe von 400 000 Euro pro Kind nicht ausreichen. Es wäre daher zu überlegen, ob im ersten Erbfall den Kindern nicht vermächtnisweise der Anteil an der Immobilie des verstorbenen Ehegatten übertragen wird und dem überlebenden Ehepartner der Nießbrauch eingeräumt wird.