So bleibt das Familienheim steuerfrei

von Redaktion

Was versteht der Fiskus unter einem Familienheim? Wer kann von der Regelung profitieren? Und warum ist eine lebzeitige Übertragung der Immobilie in manchen Fällen besser? Wir sprachen darüber mit dem Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner, der auch Präsident des deutschen Forums für Erbrecht ist.

Wer kann ein Familienhaus steuerfrei erben?

Ehegatten, Kinder und bei verstorbenen Kindern die Enkelkinder.

Und unter welchen Bedingungen?

Bei Ehegatten ist der Gesetzgeber am großzügigsten. Da gibt es keine Wert- und Größenbegrenzung. Also: Es kann auch die Villa am Starnberger See für 30 Millionen Euro sein, auch die kann unter Eheleuten steuerfrei übertragen werden. Und ganz wichtig: Die Übertragung geht auch zu Lebzeiten, durch eine Schenkung.

Das geht bei Kindern nicht?

Nein.

Für wen empfiehlt sich so eine Schenkung?

Wenn ein Ehepartner deutlich älter oder sehr krank ist, kann es sinnvoll sein, die Immobilie oder die Immobilienhälfte zu Lebzeiten zu übertragen. Das hat nämlich noch einen Vorteil: Der Begünstigte kann, wenn er will, das geschenkte Haus am nächsten Tag verkaufen, ohne den Steuervorteil zu verlieren.

Nur zum Zeitpunkt der Schenkung müssen beide zusammen in dem Haus leben?

Genau. Das gilt wohlgemerkt nur bei Schenkungen. Wenn ein Ehegatte das Familienheim von Todes wegen erbt, gelten weitere Bedingungen für die Steuerfreiheit.

Welche?

Unlogisch, aber in dem Fall verlangt der Gesetzgeber, dass derjenige, der erbt, für zehn Jahre in dem Haus wohnen bleibt. Wenn man nicht so lange darin wohnt, geht die Steuerbefreiung verloren und der Bundesadler greift zu.

Was ist, wenn jemand auszieht, weil er in ein Pflegeheim muss?

Das gilt als wichtiger Grund. Dann bleibt die Steuerfreiheit erhalten.

Gibt es weitere wichtige Gründe?

Ohne Debatten nur noch den Tod. Das steht so ernsthaft in den Steuerrichtlinien. Also, wenn der Bedachte vor Ablauf der zehn Jahre stirbt, müssen seine Erben nicht die Steuer nachzahlen.

Was gilt, wenn die Kinder das Familienheim bekommen sollen?

Bei Kindern und Enkelkindern gibt es keine Steuerbefreiung im Fall einer Schenkung, die gibt es nur von Todes wegen, also wenn das Haus vererbt wird. Außerdem müssen Kinder oder Enkel für zehn Jahre in dem Haus wohnen bleiben. Und als Drittes gibt es noch eine Wohnflächenbegrenzung auf 200 Quadratmeter. Nur die sind steuerfrei.

Wenn das Haus jetzt 300 Quadratmeter Wohnfläche hat?

Dann bleiben 200 Quadratmeter steuerfrei und ein Drittel wird besteuert. Es handelt sich um kein Alles-oder-nichts-Prinzip. Wenn das Familienheim 900 000 Euro wert ist, bleiben also 600 000 Euro steuerfrei. Die restlichen 300 000 Euro kommen in den Topf mit dem eventuellen sonstigen Erbe, also zum Beispiel Aktien. Abzüglich des Freibetrages für Kinder in Höhe von 400 000 Euro fällt dann die Steuer an – oder eben auch nicht.

Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist ja der Zweck Wohnen. Was ist, wenn die Einliegerwohnung vermietet ist oder im Dachgeschoss ein Yoga-Studio ist? Die lmmobilie also zum Teil gewerblich genutzt wird?

Vorweg: Ein häusliches Arbeitszimmer schadet nicht. Alles andere leider schon. Wenn 50 meiner 200 Quadratmeter vermietet sind, dann habe ich auch nur anteilig die Steuerbefreiung. Das ist wie in einem Mietshaus. Wenn ich ein Mietshaus erbe, in dem mein Vater im zweiten Stock eine Wohnung bewohnte, dann erbe ich diese Wohnung steuerfrei — sofern ich selbst unverzüglich für zehn Jahre einziehe. Der Rest des Hauses unterliegt der Erbschaftsteuer.

Was heißt für das Finanzamt „unverzüglich“?

Normalerweise sind das sechs Monate. Aber es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel, wenn ein Haus oder eine Wohnung erst saniert werden muss oder wenn Mieter im Haus sind, die man rausklagen muss. So ist das nämlich, wenn jemand die Wohnung von jemandem erbt, der zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr dort lebt, weil er im Altersheim ist, Dann muss der alte Mieter raus und der Erbe muss einziehen.

Was ist, wenn der Erbe eingezogen ist und nach fünf Jahren ein tolles Jobangebot in einer anderen Stadt bekommt. Muss er, wenn er auszieht, die Steuer komplett bezahlen? Oder kommen die fünf Jahre irgendwie in Abzug?

Nein. Wenn er einen Tag zu früh auszieht, zahlt er die gesamte Steuer nach.

Und wenn ein Erbe nach einigen Jahren ins Pflegeheim muss?

Das ist unschädlich. Der Umzug in ein Pflegeheim ist einer der ganz wenigen Gründe, die das Finanzamt akzeptiert. Denkbar sind noch schwere psychische Probleme, wenn jemand wieder im Elternhaus wohnen muss, aber da wird es schon sehr schwierig. Rein wirtschaftliche Gründe, wie ein zu teurer Unterhalt, zählen nicht.

Was ist, wenn jemand innerhalb der Zehnjahresfrist das Haus an seine Kinder weitergibt und sich selbst den Nießbrauch sichert? Dann bleibt er doch vorschriftsgemäß im Haus.

Ja, das zählt aber dennoch nicht. Genau so einen Fall hat der Bundesfinanzhof entschieden. Eine Frau hat in dem ererbten Familienheim gelebt und hat es unter Nießbrauchsvorbehalt lebzeitig an ihre Tochter übergeben. Laut den Richtern war das steuerschädlich. Die Tochter musste die Erbschaftsteuer zahlen.

Wie profitieren mehrere Kinder, die zusammen ihr Elternhaus erben?

Es profitiert nur das Kind, das einzieht.

Interview: Corinna Maier

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