Mit Spannung haben die Märkte in der abgelaufenen Woche auf die Dezember-Inflationsdaten in den USA gewartet. Die Inflationsrate ist mit 3,4 Prozent gegenüber Vorjahr im Vergleich zu November angestiegen und zudem 0,2 Prozentpunkte höher ausgefallen als erwartet wurde. Anders als bei der Veröffentlichung der Oktober-Inflationszahlen, als eine 0,1 Prozentpunkt-Unterschreitung der Kerninflation eine Rally an den Renten- und Aktienmärkten auslöste, war dieses Mal die Marktreaktion verhalten: Während die Aktienkurse am Donnerstag etwas gefallen sind, stiegen die Kurse an den US-Rentenmärkten bei leicht sinkenden Renditen sogar und die aus den Futures berechnete implizite Wahrscheinlichkeit für die erste Zinssenkung der Fed bereits im März erhöhte sich auf 69 Pozent. Nach einigen verbalen Interventionen von EZB-Repräsentanten, inklusive Präsidentin Lagarde, sind die Markt-Erwartungen für eine erste Zinssenkung der EZB im März zwar zurückgekommen, betragen aber noch immer 36 Prozent.
Aus unserer Sicht sind die Markt-Erwartungen für sehr schnelle und ausgeprägte Zinssenkungen von Fed und EZB übertrieben. Wir gehen daher in den kommenden Wochen von einer Fortsetzung des seit Jahresbeginn eingesetzten Trends wieder steigender Renditen aus.
Dies könnte zu einer Korrektur des großen Optimismus bei Investoren in risikoreichere Assetklassen führen. So hat ein Composite-Indikator aus den Sentimentindizes der American Association of Individual Investors und von Investors Intelligence, der in der Vergangenheit kurzfristige Trendwenden häufig angezeigt hat, zum Jahreswechsel deutlich über dem langfristigen Durchschnitt notiert und war nur unweit vergangener Höchststände. Dies macht es wahrscheinlich, dass die Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten an Dynamik verliert und in eine Konsolidierung übergeht.
Eine Konsolidierung an den Aktienmärkten würde auch gut zum typischen Verlaufsmuster im US-Präsidentschaftszyklus passen. So entspricht es dem typischen Muster, dass die Aktienmärkte am Ende des Vorwahljahres (2023) kurzfristig zulegen, im ersten Halbjahr des Wahljahres (2024) aber konsolidieren bzw. temporär korrigieren. In diesem Jahr stehen jedoch nicht nur Wahlen in den USA an, sondern es gehen in mehr als 70 weiteren Ländern Menschen zur Wahlurne, etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ist damit zu Wahlen aufgerufen.
Dieses Wochenende steht mit der Wahl in Taiwan ein erster Höhepunkt des Superwahljahres an. Laut letzten Umfragen liegt Lai Ching von der bisherigen Regierungspartei DFP, die einen China-kritischen Kurs vertritt, vorne. Sollte Lai tatsächlich gewinnen, dürfte Peking darauf mit verbaler Missbilligung reagieren, was den Märkten das Thema geopolitische Risiken wieder vor Augen führen dürfte. Wir rechnen jedoch nicht mit weiteren Schritten Chinas.