Riester: „Sehr traurige Ergebnisse“

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

Private Altersvorsorge ist wichtig, aber vor allem staatlich geförderte Riester-Renten sind Ladenhüter geworden. Warum das verständlich ist, erklärt die Bürgerbewegung Finanzwende. In einer Studie hat sie wahrscheinliche Renditen von 111 im Vorjahr erhältlichen Riester- und Rürup-Angeboten berechnen lassen.

Nur zwei von 111 Angeboten schaffen Inflationsausgleich

„Die Befunde sind trostlos und kein Ruhmesblatt für Versicherer“, urteilt Britta Langenberg als Leiterin des Finanzwende-Bereichs Verbraucherschutz. Messlatte gewesen sei das Erreichen eines Inflationsausgleichs von im Schnitt zwei Prozent jährlich über die ganze Vertragslaufzeit von Unterschrift bis Tod. Von 22 untersuchten Riester-Renten würde das kein einziges Angebot schaffen. Bei 89 Rürup-Verträgen kämen nur zwei Angebote rechnerisch über die Hürde von zwei Prozent Rendite. Im Schnitt aller Riester-Renten sei die Studie zu mageren 0,8 Prozent Laufzeitrendite gekommen und zu 1,0 Prozent bei Rürup-Verträgen, sagt Langenberg.

Staatliche Zulagen bessern Bilanz für Kinderreiche auf

Echten Kundennutzen, wie von der Finanzaufsicht Bafin erst im Mai 2023 angemahnt, ergebe das nicht. „Kein Kunde will Geld verlieren“, betont die Verbraucherschützerin. Genau das passiert aber laut Studie in der Realität. Gerechnet hat Finanzwende allerdings ohne staatliche Zulagen, die zum Beispiel geförderte Riester-Sparer für Kinder erhalten. Wer viele Kinder hat, für den erhöhten sich erzielbare Renditen deutlich, räumte Langenberg ein.

Für Geringverdiener mit mehreren Kindern könnte Riester also ein lukrativer Baustein zur Altersvorsorge sein. Wer mindestens vier Prozent seines rentenversicherungspflichtigen Einkommens abzüglich der Zulagen in den Vertrag einzahlt, kann sich die volle staatliche Zulage von 175 Euro im Jahr sichern. Zusätzlich gibt es für Riester-Sparer mit Kindern weitere Zulagen – für jedes vor 2008 geborene Kind 185 Euro pro Jahr, für ab 2008 geborene Kinder sind es 300 Euro. Die Verbraucherzentrale Bayern formuliert als Faustregel: „Wenn der Eigenbeitrag nicht höher ist als ein Drittel der eingezahlten Summe, dann lohnt sich das, sagt Merten Larisch, Experte für Altersvorsorge.

Hohe Kosten verhindern bessere Rendite

Das Grundproblem bleibe dennoch bestehen, beharrt Britta Langenberg von Finanzwende. Das liege weniger in der Ansparphase der Verträge bis Rentenbeginn begründet, sondern vor allem in der Auszahlungsphase bis zum Tod, betonten sie und Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein. Der hat für Finanzwende gerechnet und sagt, dass Versicherer mit unrealistisch hohen Lebenserwartungen kalkulieren. „In der Sparphase vor Renteneintritt verhindern vor allem hohe Kosten eine bessere Rendite, in der Rentenzeit sind es aus Verbrauchersicht ungünstige Annahmen zur Lebenserwartung“, fasst Kleinlein die Resultate zusammen. Bei Letzterem verweist er auf das Statistische Bundesamt. Das gehe für heute 37-jährige bei Männern von 86 Jahren Lebenserwartung aus und bei Frauen von 90 Jahren. Versicherer dagegen würden mit einer Sterbetafel arbeiten, die eine zehn Jahre längere Lebensdauer unterstellt, um Langlebigkeitsrisiken abzupuffern. Das beruht auf einer Empfehlung der Bafin.

Erst ab 99 Jahre kommt man auf magere zwei Prozent

Um rechnerisch auf die zwei Prozent Zielrendite zu kommen, müssten Riester-Versicherte im Schnitt sogar 99 Jahre alt werden und Rürup-Versicherte sogar noch ein Jahr länger leben, kritisiert Langenberg. Sie und Kleinlein räumen ein, dass Rendite kein alleiniger Maßstab für echten Kundennutzen sei. Vor allem auch die Gewissheit, dass ein Versicherer wirklich lebenslang zahle, sei ein weiterer entscheidender Faktor. „Aber die Rendite muss auch hoch genug sein“, betont Langenberg. Das sei sie erkennbar nicht. Die Berechnungen seien kompliziert und von Annahmen geprägt, räumt Kleinlein ein. „Im Einzelfall kennt man eine Rentenrendite erst, wenn der Kunde gestorben ist“, stellt er klar. Aber in der Studie sei er an mehreren Stellen eher von Annahmen ausgegangen, die höhere Renditen ergeben.

Informationen der Versicherer für Laien kaum verständlich

Zugleich rügte der erfahrene Versicherungsmathematiker die Informationen, die Versicherer ihren Kunden zum Vertragsabschluss zur Verfügung stellen. Vor allem hinsichtlich angegebener Kosten seien die Informationsblätter für einen Experten nur schwer und für einen Laien gar nicht verständlich. „Echte Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Angeboten ist damit nicht möglich“, urteilt der Experte. Im einem Extremfall hat er um 4,5 Prozent höhere wahre Kosten berechnet als vom Versicherer per Modellrechnung ausgewiesen.

Lebenslange Sicherheit wird zu teuer erkauft

„Das sind sehr traurige Ergebnisse“, kritisiert Kleinlein und sieht vor allem Systemfehler für magere Renditen verantwortlich. „Riester und Rürup sind nicht mehr zu retten“, meint der Experte. Langenberg unterstreicht das nur für Riester-Renten. Laufende Versuche der Politik, das System zu retten, sehen beide skeptisch. Höhere Rentenrenditen seien nur durch Systembrüche zu erreichen, wie etwa die Auszahlungsdauer auf ein bestimmtes Lebensalter zu limitieren. „Kernproblem ist die lebenslange Sicherheit, die für viele Kunden zu teuer erkauft ist“, sagt Langenberg zum bestehenden System.

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