Hohe Nachzahlungen drohen

von Redaktion

VON MATTHIAS SCHNEIDER

In diesen Wochen erreichen die ersten Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2023 die Mieter. Darin enthalten: der Jahresabschluss für die Heizkosten. Und der hat es teilweise in sich. Erst kürzlich berichteten Bewohner eines Münchner Wohnquartiers, dass sie teilweise mehrere tausend Euro nachzahlen müssten – pro Haushalt. Das könnte demnächst viele Haushalte betreffen. Denn die Marktpreise sind seit der Krise zwar deutlich gesunken, doch wenn die Abschlagszahlungen nicht angepasst wurden, wird der teure Verbrauch teilweise erst heuer abgerechnet, erklärt André Juffern, Bereichsleiter Energie bei der Verbraucherzentrale NRW: „Auch dieses Jahr können Mietern teilweise erhebliche Nachzahlungen ins Haus flattern.“

Ärger um schlechten Tarif des Vermieters

Mieter müssen aber nicht alles hinnehmen: „Grundsätzlich unterliegt der Vermieter bei allen Betriebskosten, also den Durchlaufposten, der Pflicht zur Wirtschaftlichkeit“, so Juffern. Bedeutet: Der Vermieter darf keine Verträge zu überzogenen Kosten abschließen. Viel präziser ist das bisher nicht geregelt: „Regelmäßig kommt es in derartigen Streitigkeiten eher zu einer vergleichsweisen Einigung als zu einem Urteil, sodass genaue Grenzen schwer einzuschätzen sind“, so Juffern. Aus anderen Prozessen ließe sich aber ableiten, dass „eine Abweichung der Tarifkosten von zehn bis 20 Prozent vom durchschnittlichen Marktpreis bei Vertragsabschluss aber im Regelfall nicht ausreichen dürften“. Bedeutet im Umkehrschluss: „Ist der Vertrag aber mehr als 20 Prozent teurer, haben Mieter wahrscheinlich ein Recht auf Erstattung.“ Die Erstattung berechnet sich aus „der Differenz zwischen der zu akzeptierenden Summe – also Marktpreis plus 20 Prozent – und dem tatsächlich abgeschlossenen Tarif“. Wichtig ist, dass der Vermieter auch schuld ist: „2022 gab es einfach keine günstigen Tarife, und eine Laufzeit von zwei Jahren ist nicht unüblich.“

Mieter darf Belege einsehen

Mieter müssen also herausfinden, wann der Heiztarif für ihr Wohnhaus abgeschlossen wurde und die Konditionen mit dem damaligen Marktniveau abgleichen. Der erste Schritt ist leicht: „Mieter haben ein Recht, die Belege zu den Heiztarifen einzusehen.“ Die Schwierigkeiten beginnen danach: Weil noch kein derartiges Verfahren wirklich entschieden ist, lässt sich nicht gerichtsfest sagen, was als Marktpreis gilt. Als grobe Orientierung hat das Vergleichportal Check24 unserer Zeitung deshalb mehrere Datensätze ausgewertet: Die Grundversorgung, die günstigsten Sondertarife und eine Mischrechnung aus beiden – jeweils im Bundesdurchschnitt (siehe Tabelle). Wegen dieser Unklarheiten sind die Zahlen aus unserer Tabelle nicht geeignet, damit direkt eine Forderung zu errechnen. Sie geben aber einen Überblick, ob man von zu hohen Kosten betroffen ist. Gleiches gilt für die Heizölpreise. Falls die Heizenergie wirklich zu teuer ist, sollten die nächsten Schritte gut überlegt sein, rät Juffern: „Gerade bei privaten Vermietern lohnt es sich, erst mal freundlich nachzufragen.“ Wird man sich nicht einig, „sollte man sich bei den Verbraucherzentralen oder beim Mieterbund beraten lassen“, so Juffern.

Einseitige Kürzungen nicht zu empfehlen

„Sind sich Mieter sicher, dass sie zu viel bezahlt haben, können sie die Differenz schriftlich vom Vermieter einfordern.“ Das sollte keinesfalls voreilig geschehen: „Ich empfehle nicht, einseitig Kürzungen oder Verrechnungen durchzuführen, bevor man sich individuell beraten lassen hat. Im schlimmsten Fall riskiert man bei unberechtigten Forderungen die Kündigung“, warnt der Verbraucherschützer.

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