Immer wieder werden Vermieter Opfer von Mietnomaden. Wie hoch die Fallzahlen und die angerichteten Schäden sind, lässt sich nicht genau beziffern. „Die Dunkelziffer ist hoch“, erklärt Ulrike Kirchhoff, Vorsitzende des Eigentümerverbandes Haus & Grund Bayern. Denn viele Vermieter geben nicht gerne zu, hereingelegt worden zu sein. Wir sprachen mit Ulrike Kirchhoff über Mietnomaden – und wie Vermieter sich vor ihnen schützen können.
Was genau versteht man unter Mietnomaden?
Zum einen die Mieter, die einziehen und später die Miete nicht mehr bezahlen können. Dann Mieter, die von vorneherein wissen, dass sie nicht zahlen werden – weil sie nicht wollen oder können. Und dann die Mieter, die eine Wohnung verwüstet und verdreckt hinterlassen.
Wie sieht denn ein klassischer Fall aus?
Ganz typisch ist, wenn ein Bewerber mit einem dicken Auto vorfährt, auch sonst einen gut situierten Eindruck macht und sich für die Höhe der zu zahlenden Miete nicht sonderlich interessiert. Nach dem Einzug wird vielleicht noch die erste Miete bezahlt oder wenigstens ein Teil davon, aber schon im nächsten Monat kommt dann meistens gar kein Geld mehr.
Wie kann sich denn ein Vermieter davor schützen?
Viele scheuen sich, im Vorfeld die Liquidität eines Mieters zu prüfen. Das sollte man aber unbedingt tun.
Wie prüft man das denn?
Das mindeste ist eine Selbstauskunft des Mieters. Entsprechende Vordrucke, die nur zulässige Fragen enthalten, gibt es zum Beispiel bei uns. Aber wir empfehlen auch, dass der Vermieter bei der Schufa eine Auskunft über den Mieter einholt, einen sogenannten Solvenzcheck. Darin darf und sollte auch stehen, ob es in der Vergangenheit irgendwelche Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Zahlungsverpflichtungen gab. Das gibt zwar nur einen Eindruck über die Vergangenheit, aber das ist immerhin eine gewisse Sicherheit. Eine Notlage kann natürlich immer vorkommen, aber das ist ja ein ganz anderes Thema.
Darf der Vermieter einen Gehaltszettel verlangen?
Nein, Gehaltszettel nicht, aber er kann natürlich nach dem Verdienst fragen.
Kann er Erkundigungen beim vorherigen Vermieter einholen?
Mit Einverständnis des Mieters ja, sonst nicht. Manchmal halten es Vermieter auch für eine gute Idee, den Mieter unangekündigt in seiner alten Wohnung aufzusuchen. Auch davon würde ich dringend abraten.
Wie erkenne ich Mietnomaden?
Ich empfehle, sich neben den genannten Belegen auch auf sein Bauchgefühl zu verlassen. Ein persönliches Gespräch mit dem Mieter kann schon sehr viel Aufschluss geben. Mir persönlich wäre zum Beispiel ein gestandener Handwerker als Mieter sehr viel lieber als jemand, der herausgeputzt im dicken Auto vorfährt. Dickes Auto heißt nicht dickes Konto.
Was soll ein Vermieter denn in so einem Gespräch abfragen?
Erst mal geht es um den Eindruck, den man gewinnt. Dann kann man natürlich danach fragen, ob ein Arbeitsverhältnis besteht und wie lange das letzte Mietverhältnis gedauert hat. Gefragt werden darf aber etwa auch nach Mietschulden oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Gibt es denn eine Versicherung gegen Mietnomaden?
Nein. Es gibt aber eine Versicherung gegen Mietausfälle. Da rate ich aber zu großer Vorsicht, denn meistens gilt der Schutz nur in ganz bestimmten Fällen, da sollte genau geprüft werden, ob Mietausfall generell versichert ist, also auch durch säumige Mieter, und wenn ja, wie lange.
Wenn alles zu spät ist, wie werde ich einen Miet- nomaden wieder los?
Wenn die Miete ausbleibt, würde ich erst mal den Kontakt suchen. Es kann ja sein, dass mit dem Dauerauftrag etwas nicht geklappt hat. Oder ein Notfall eingetreten ist. Wenn die Miete aber länger oder öfter nicht kommt, dann kann man dem Mieter kündigen. Konkret: Der Vermieter muss auf zwei kompletten Monatsmieten Rückstand sitzen, inklusive Nebenkosten. Das können zwei aufeinander folgende Monate sein, der Rückstand kann sich aber auch über mehrere Monate aufgebaut haben. Dann kann der Vermieter fristlos kündigen. Ich würde aber raten, sicherheitshalber noch eine ordentliche Kündigung nachzuschicken.
Was, wenn der Mieter nicht ausziehen will?
Das kommt in solchen Fällen leider häufig vor. Der Vermieter muss ihn dann hinausklagen. Das kann sich über ein halbes Jahr, manchmal noch länger hinziehen, wenn der Mieter Gründe vorbringt, wie besondere Härten. In dieser Zeit bekommt der Vermieter nicht nur keine Miete, sondern auch keine Nebenkosten. Das kann richtig teuer werden. Das ist besonders bitter in Fällen, wo jemand nur eine Wohnung zur eigenen Altersvorsorge hat oder wenn die Miete für die Tilgung der Finanzierungskosten eingeplant ist.
Wenn ein Mietnomade dann irgendwann auszieht, bleiben oft Gegenstände zurück. Was macht ein Vermieter damit?
Wenn die Wohnung nicht geräumt hinterlassen wird, darf der Vermieter Müll entsorgen. Aber nur richtigen Müll. Bei Möbeln wäre ich vorsichtiger und würde sie lieber einlagern, in den Keller stellen zum Beispiel. Das gilt aber zum Beispiel auch für schriftliche Unterlagen und Ähnliches. Wenn ein Gerichtsvollzieher räumen lässt, wird alles eingelagert, die Kosten trägt der Vermieter. Er kann das Geld zwar vom Mieter zurückfordern. Ob das klappt, ist natürlich fraglich.
Was ist mit Schäden an der Wohnung?
Auch für die Schäden kommt in der Regel der Vermieter auf. Er kann sie beim Mieter einfordern. Doch bei echten Mietnomaden ist das natürlich schwierig und meist erfolglos.
Interview: Corinna Maier