Zumindest in einigen Marktsegmenten hat seit Jahresbeginn eine Korrektur der Entwicklungen von Ende 2023 stattgefunden. In Reaktion auf weiterhin starke Arbeitsmarkt- und Lohndaten in den USA und einem erneuten Anziehen der Inflationserwartungen, vor allem im Dienstleistungssektor, haben sich die Markterwartungen über den Beginn der Zinssenkungen der US-Notenbank Fed nach hinten geschoben. Zudem haben auf beiden Seiten des Atlantiks Zentralbankvertreter klargemacht, dass sie keine Eile beim Abstieg vom Zinsplateau haben.
In diesem Umfeld hat sich der seit Jahresbeginn geltende Trend steigender langfristiger Zinsen fortgesetzt und wir haben bei den Bund-Renditen mit über 2,3 Prozent wieder die Werte von Anfang Dezember erreicht. Trotz dieses Renditeanstiegs war der Bondmarkt extrem aufnahmebereit für Neuemissionen. Getrieben von einer massiven Ausweitung im Staatsanleihesegment wurden in den ersten fünf Wochen des Jahres 313 Milliarden Euro an Benchmark-Anleihen platziert, gut 50 Milliarden mehr als im Vorjahr.
Auch am Aktienmarkt, der im Dezember von fallenden Zinsen profitiert hat, konnte der Zinsanstieg die Stimmung nicht verderben. Im Gegenteil, trotz teilweise gemischter Berichterstattung auf Unternehmensebene haben die Indizes in den USA und in Europa neue Höchststände markiert. Was den weiteren Verlauf an den Aktienmärkten angeht stellt sich nicht nur die Frage, wann die aus unserer Sicht noch nicht abgeschlossene Aufwärtskorrektur bei den langfristigen Zinsen die Stimmung eintrübt, sondern auch, ob und wann die weiterhin hohen geopolitischen Risiken in den Fokus der Märkte zurückkehren. Die jüngste Eskalationsstufe im Nahostkonflikt durch den Gegenschlag der USA auf Stellungen der jemenitischen Huthi-Rebellen hat dabei weder beim Ölpreis noch an den Aktienmärkten große Beachtung gefunden. Auch spielt vor dem zweiten Jahrestag des Angriffs Russlands auf die Ukraine am 21. Februar dieser Krieg an den Märkten so gut wie keine Rolle.
Bewahrheitet sich also einmal mehr die alte Börsenweisheit, dass politische Börsen kurze Beine haben? Auf den ersten Blick vielleicht ja, aber es sollte dabei nicht vergessen werden, dass die Märkte immer wieder auf „Events“ reagieren. Und im Hinblick auf die vielfältigen Konfliktherde ist davon auszugehen, dass es auf absehbare Zeit an solchen „Events“ nicht mangeln wird. Akut steht hier die Entscheidung im US-Senat über die weitere Unterstützung der Ukraine an. Impulse in Bezug auf die geopolitische Entwicklung dürften in der kommenden Woche auch von der Münchner Sicherheitskonferenz ausgehen, bei der sich zum 60. Jubiläum diesmal über 450 hochkarätige Entscheidungsträger, darunter 50 Staatsoberhäupter, zum Austausch treffen. Die von diesem „Event“ ausgehenden Schlagzeilen könnten durchaus dazu beitragen, der Brisanz der geopolitischen Situation auch am Börsenparkett wieder mehr Aufmerksamkeit zu geben.