Die Nullzinsära war nicht nur für Sparer die Pest, sie trieb auch Anleiheinvestoren zur Weißglut: Mit Anleihen war über viele Jahre kaum etwas zu verdienen – besonders dann, wenn sie von soliden Schuldnern wie dem deutschen Staat kamen. Deutsche Bundesanleihen warfen zum Beispiel lange Zeit negative Renditen ab. Das heißt: Wer Deutschland Geld leihen wollte, musste dafür draufzahlen, statt Renditen zu kassieren. Mit dem Anstieg der Leitzinsen seit 2022 hat sich das aber erledigt. Nun kann man auch mit Anleihen wieder mit ordentlichen Erträgen von zwei, drei oder mehr Prozent pro Jahr kalkulieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Anlageklasse.
Welche Rendite kann man mit Anleihen erwarten?
Wieder deutlich mehr als noch vor zwei Jahren. Deutsche Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit werfen im Moment 2,4 Prozent pro Jahr ab. Das ist akzeptabel, jedoch trotzdem weiter unter dem Niveau der besten Tages- und Festgeldangebote. Französische Staatsanleihen bieten bereits 2,9 Prozent, italienische 3,9 Prozent und amerikanische sogar 4,3 Prozent.
Auch bei Unternehmensanleihen ist wieder einiges zu holen. Wer etwa BMW bis 2033 Geld leiht, bekommt dafür derzeit 3,5 Prozent bei Rendite, bei einer BASF-Anleihe bis 2032 sind es 4,6 Prozent. Wer jetzt in Anleihen investiert, kann sich diese Renditen sichern. Zumal Experten davon ausgehen, dass die Notenbanken die Zinsen im Lauf des Jahres wieder senken werden, was auch die Zinsen von Anleihen mit nach unten ziehen dürfte.
Was sind Anleihen und wie verdient man damit?
Anleihen sind Schuldpapiere, mit denen sich Staaten oder Unternehmen Geld am Kapitalmarkt besorgen. Wie viel Zinsen sie dafür zahlen müssen, hängt einerseits vom allgemeinen Zinsniveau ab. Andererseits fließt auch das Risiko in den Zins ein. Je solider ein Schuldner, desto weniger Zins muss er bieten – je höher die Gefahr, dass er die Schulden nicht begleichen kann, desto mehr. Zudem steigt der Zinskupon tendenziell, je länger Geld geliehen wird, also die Laufzeit ist. Die Zinsen fließen meist jährlich, am Ende der Laufzeit bekommt der Investor sein Kapital komplett zurück. Anleihen werden an der Börse gehandelt. Kauft man sie dort, setzt sich deren Rendite aus dem Kurs des Papiers und dem Zins bis Laufzeitende zusammen.
Welche Risiken gibt es bei Anleihen?
Anders als bei Aktien sind die Renditen von Anleihen berechenbar. Man weiß also, wie viel Geld man in welchem Zeitraum verdient. Dennoch gibt es Unwägbarkeiten. Zum einen können Staaten und Unternehmen pleitegehen und das verliehene Kapital dann weg sein. Bei Ländern wie Deutschland oder den USA ist das unwahrscheinlich, bei Entwicklungsländern oder kleineren Firmen steigt das Risiko hingegen. Einen gute Orientierung für das Risiko eines Papiers bieten die Ratingagenturen: Bei S&P werden die zahlungskräftigsten Schuldner mit AAA bewertet. Ab BB+ beginnen spekulative aber hoch verzinste Bereich, den man in der Börsensprache als „Junk“ oder „Ramsch“ bezeichnet. Daneben kann es Währungsrisiken geben. Wer den USA Geld leiht, tut das meist in Dollar und erhält auch Zinsen und Rückzahlung in der Währung. Die Schwankungen beim Umtauschkurs können so hoch sein, dass sie die komplette Rendite übertreffen – positiv wie negativ.
ETFs oder Einzeltitel: Wie kauft man Anleihen?
Wer Einzelanleihen kaufen will, muss sich gut mit Kreditrisiken, Laufzeiten, Ratings, Nachrangigkeit und den Devisenmärkten auskennen. Zudem gibt es ein weiteres Problem: Gerade bei Unternehmensanleihen sind die Mindestanlagesummen oft so hoch, dass sie für Privatanleger unerschwinglich sind. Als Ausweg bleiben Fonds und ETFs, die weitere Vorteile bieten. Mit ihnen investiert man in hunderte Papiere, streut damit also Risiken über verschiedene Laufzeiten, Emittenten und womöglich sogar Währungen. Man kann sie einfach erwerben und unbegrenzt halten – auslaufende Papiere in den Produkten werden automatisch ersetzt. ETFs, die schlicht Indizes abbilden, haben viel geringere Gebühren. Gerade bei begrenzten Anlageräumen wie europäischen Staatsanleihen sind sie erste Wahl.
Wann macht ein aktiv gemanagter Fonds Sinn?
Bei aktiv gemanagten Fonds sind die Gebühren viel höher. Hier sucht ein Fondsmanager besonders lukrative Papiere – und will dafür auch bestens bezahlt werden. Die Auswahl liefert aber nicht immer Mehrwert gegenüber ETFs. In den vergangenen Jahren waren nur jene Fonds erfolgreicher, die auch mehr Risiko eingingen. So schlug sich unter den Fonds für globale Staatsanleihen zum Beispiel der JPM Global Bond Opportunities gut. Die Hälfte des Portfolios machen dort US-Papiere aus, auch Titel aus Europa sind stark vertreten. Daneben mischt der Fonds auch höher verzinste und riskantere Anleihen aus Ländern wie Mexiko, Brasilien oder Südafrika bei. Ähnlich bei globalen Unternehmensanleihen. Hier haben im Fonds von Schroder (siehe Tabelle) zum Beispiel Firmen aus Ländern wie Spanien oder Italien höheres Gewicht als deutsche Unternehmen. Auch damit erzielte er höhere Renditen als der vergleichbare ETF von iShares. Aktive Fonds können sich also bei Anleihen mitunter lohnen. Man sollte aber darauf achten, dass man sie ohne Ausgabeaufschlag bekommt.
Welche Rolle haben Anleihen in einem Depot?
Weil Anleihekurse weniger schwanken als jene von Aktien, sind sie häufig als Stabilitätsanker im Portfolio gedacht. Ist das so, sollte man Kredit- und Währungsrisiken meiden. Am meisten Sicherheit bieten deutsche Staatsanleihen oder Anleihen von als sehr zahlungskräftig eingestuften Euroländern.
Sind Verluste bei Anleihen ausgeschlossen?
Nein, auch hier muss man Rückschläge immer mit einkalkulieren, selbst bei sicheren Papieren. Als die Zinsen 2022 rasant stiegen, deckten sich viele Großanleger mit neuen Anleihen ein und warfen ihre kaum verzinsten alten Papiere auf den Markt. Die Folge: Ein heftiger Kursabsturz bei bestehenden Anleihen – nicht zuletzt bei Bundesanleihen. Der schlug voll auf die meisten Anleihefonds und -ETFs durch, deren Kurse auf Sicht von drei oder fünf Jahren bis heute noch unter Wasser sind.
Nun hat sich die Lage aber gedreht, und viele Anleihefonds und -ETFs machen wieder Gewinne. Im kommenden Jahr dürften die Notenbanken die Zinsen zudem eher senken statt anheben, erwarten Experten. Das macht bestehende Anleihen mit höheren Zinsen attraktiver, hebt ihre Kurse und könnte sich positiv auf Fonds und ETFs auswirken.