Verkehrsfälle vor Gericht

von Redaktion

Mietwagen

Welche Mietwagenkosten sind nach einem unverschuldet erlittenen Verkehrsunfall angemessen? Die Antwort darauf orientiert sich auch nach den Verhältnissen vor Ort. So lässt sich eine Entscheidung des Amtsgerichts Wittenberg werten, auf die der ADAC hinweist (Az.: 8 C 245/23 IV).

Der Fall: In dem Fall ging es um eine Autofahrerin, die unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt war. Die gegnerische Versicherung musste einspringen, das Auto der Frau wurde repariert. Für diese Zeit nahm sie sich einen Mietwagen. Nach der Reparatur gab es aber Probleme mit der Versicherung des Unfallverursachers. Diese wollte die eingereichte Mietwagenrechnung nicht komplett zahlen. Das Argument: Der dort abgerechnete Tarif läge über den einschlägigen Tabellen für angemessene Tarife.

Das Urteil: Die Sache ging vor Gericht – und das entschied im Sinne der Frau. Die Argumentation: Die Klägerin lebt auf dem Land, wo es kein alternatives Angebot gegeben hätte, das ihr zuzumuten wäre. Tabellensätze oder Richtwerte aus dem Internet kamen in diesem Fall nicht infrage. Welche Mietwagenkosten angemessen sind, ist demnach den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort nach zu bewerten. Die Versicherung musste zahlen, und zwar die gesamte Summe.

Spurwechsel

Wer die Spur wechselt und dabei mit einem Lkw zusammenstößt, haftet für den Unfall allein. Voraussetzung dafür: Der Unfall steht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Wechsel des Fahrstreifens. Das geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg hervor (Az.: 337 O 50/22), über die der Deutsche Anwaltverein berichtet.

Der Fall: Die Klägerin wechselte auf der Autobahn die Fahrbahn – von der rechten Abbiegespur fuhr sie auf den linken Fahrstreifen, der weiter geradeaus führt. Dabei kam es zu einer Kollision mit einem Lkw, der auf der linken Spur fuhr. Die Klägerin gab an, dass sie bereits mehrere Sekunden auf der linken Spur gefahren sei, bevor es zum Zusammenstoß kam. Der Lkw-Fahrer entgegnete, dass die Klägerin den Fahrstreifen direkt vor ihm gewechselt habe.

Um den Unfall zu rekonstruieren, beauftragte das Landgericht einen Sachverständigen. Dieser kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Unfallhergang, den der Lkw-Fahrer geschildert hatte, sehr wohl möglich sei. Die Frau konnte hingegen nicht beweisen, dass sie bereits mehrere Sekunden auf der linken Spur gefahren war.

Das Urteil: Somit kam das Landgericht zu dem Schluss, dass die Klägerin allein für den Unfall verantwortlich sei. Wenn Verkehrsteilnehmer die Spur wechseln, sind sie verpflichtet, sich vor dem Wechsel zu vergewissern, dass der Fahrstreifen frei ist.

Standstreifen

Wer den Standstreifen als Fahrstreifen zweckentfremdet, um schneller voranzukommen, muss allein haften, wenn es zu einem Unfall mit einem Fahrzeug kommt, das auf die Autobahn auffährt. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Fulda hervor (Az.: 3 O 56/23), auf das der ADAC hinweist.

Der Fall: In dem Fall ging es um eine Kollision zwischen einem Auto und einem Lkw auf einer Autobahn. Dort stockte der Verkehr und der Lkw-Fahrer wich auf den Standstreifen aus, um voranzukommen. Dort kam es zum Zusammenstoß mit einem Autofahrer, der von einem Parkplatz nach einer Pause wieder auf die Autobahn auffuhr. Nicht nur der Pkw-Fahrer, sondern auch der Lkw-Fahrer forderte im Nachgang Schadenersatz. Der Mann am Steuer des Lastwagens war der Meinung, dass der Autofahrer seinen Lkw leicht hätte erkennen können und daher nicht auf die Autobahn hätte auffahren dürfen. Wenigstens aber aus der grundsätzlichen Betriebsgefahr des Kfz heraus müsse der Autofahrer haften. Es kam zu einem Gerichtsverfahren.

Das Urteil: Das Landgericht Fulda gab dem Autofahrer Recht und wies die Klage des Lkw-Fahrers ab. Der Standstreifen sei ausschließlich für Not- und Pannenfälle gedacht und ansonsten frei zu halten, begründeten die Richter. Dass der Standstreifen von anderen Verkehrsteilnehmern als Fahrstreifen genutzt werde, müsse niemand erwarten. Und selbst wenn der Autofahrer den Lastwagen hätte erkennen können, sei das Fehlverhalten des Lkw-Fahrers als so schwer einzustufen, dass die Betriebsgefahr des Autos dahinter zurücktrete, so die Richter.

Kennzeichen

Ästhetische Gründe oder die Verfügbarkeit besserer Montagerahmen reichen nicht als alleinige Gründe für die Genehmigung eines kleineren, zweizeiligen Nummernschildes aus. Das zeigt eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (Az.: 11 ZB 22.2525).

Der Fall: Im Verfahren ging es um einen Mann, der ein US-amerikanisches Automodell zulassen wollte. Für diesen Dodge Magnum SRT 8 beantragte er bei seiner Zulassungsstelle ein kleineres, zweizeiliges Nummernschild. Seine Begründung: Das passe in den eigentlich dafür vorgesehenen Rahmen zur Befestigung und die ästhetische Wirkung sei besser. Die Zulassungsstelle lehnte den Antrag aber ab. Ihrer Ansicht nach wäre auch ein normales Nummernschild ohne Probleme am Auto zu montieren. So ging der Fall vor Gericht.

Das Urteil: Am Ende gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der Behörde Recht. Wenn technische Möglichkeiten die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens erlauben, gibt es demnach keine Gründe für die Ausnahmegenehmigung kleinerer Schilder. Ob ein kleineres Schild besser in den Montagerahmen passt oder der Halter es als ästhetischer empfindet – beides waren keine Gründe für eine Ausnahmegenehmigung. Bei einem Oldtimer sei das unter Umständen aber möglich.

Halterabfrage

Kommt es auf privaten Flächen zu Parkverstößen, dürfen Halterdaten des betreffenden Autos beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) erfragt und von diesem auch weitergegeben werden. Voraussetzung: Der Parkplatz muss der Allgemeinheit offenstehen. Das zeigt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (Az.: 10 B 78/23), auf die der ADAC hinweist.

Der Fall: Eine Frau hatte ihr Auto auf einem Supermarktparkplatz geparkt. Sie überzog die dort zulässige Höchstparkdauer um 20 Minuten. Auf dem Platz gab es eine Parkraumüberwachung. Um den Verstoß ahnden zu können, befragte der Betreiber des Parkplatzes das KBA, welches die Daten auch weitergab. Als die Halterin des Autos davon erfuhr, klagte sie im Eilverfahren auf die Unterlassung der Datenweitergabe.

Das Urteil: Das Verwaltungsgericht wies den Antrag allerdings zurück. Denn ausschlaggebend dafür, dass die Daten weitergegeben werden durften, war, dass der Parkplatz der Allgemeinheit zugänglich gewesen sei. Das ist in Paragraf 39 (Absatz 1) des Straßenverkehrsgesetzes geregelt.

Artikel 4 von 5