Plötzlich Erbe – und jetzt?

von Redaktion

Es kann sehr schnell gehen: Überraschend stirbt ein Verwandter oder eine nahestehende Person, über Nacht ist man Erbe einer Immobilie. Doch wie sollte man damit umgehen? Meist sind schnelle Entscheidungen gefragt. Gleichzeitig sollten die Entscheidungen aber auch gut überlegt sein. Die Zeitschrift „Finanztest“ klärt in ihrer März-Ausgabe darüber auf, was im Erbfall zu tun ist. Hier die wichtigsten Erkenntnisse.

Das Erbe annehmen oder ausschlagen?

„Bekommt nur eine Person die Immobilie, kann sie damit grundsätzlich verfahren, wie sie möchte“, erklären die Experten von „Finanztest“. Das Haus könne etwa nach den eigenen Vorstellungen umgebaut werden. In der Realität ist das aber selten der Fall: Oft erben mehrere Personen, meist sind es die Geschwister. Sie bilden eine Erbengemeinschaft und können nur zusammen über das geerbte Haus oder die Wohnung entscheiden.

Aber unabhängig davon ob die Immobilie allein oder gemeinschaftlich geerbt wird, eine zentrale Frage stellt sich immer: Solle man das Erbe überhaupt annehmen? „Finanziell gesehen ist es nicht zwangsläufig von Vorteil, eine Immobilie zu erben“, warnen die „Finanztest“-Autoren. „Ist sie nicht abbezahlt oder in einem so schlechten Zustand, dass sie quasi wertlos ist, kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen.“

Der Tipp der Experten: Um herauszufinden, wie es um die Finanzen der verstorbenen Person und um das Haus bestellt ist, sollten Betroffene Informationen zum Grundstück sammeln und zum Beispiel Kontoauszüge und weitere Unterlagen sichten, die sich auf die Immobilie beziehen. Banken würden in der Regel Auskunft über Schulden und Guthaben geben, sofern die Erben ein notarielles Testament oder eine über den Tod hinaus geltende Kontovollmacht vorlegen. Informationen zur Immobilie fänden sich auch im Grundbuch, einen Auszug daraus können Betroffene demnach beim Grundbuchamt anfordern.

Auch die Ermittlung des Werts der Immobilie ist wichtig. Falls andere Erben ausgezahlt werden sollten, müssen die Beteiligten den Wert des Hauses oder der Wohnung kennen.

„Geht es um die Erbschaftssteuer, nimmt das Finanzamt allerdings eine eigene Bewertung vor“, heißt es bei „Finanztest“. Eine Steuer auf das Erbe muss aber nicht immer bezahlt werden. Generell gilt: „Jedem Erben steht ein allgemeiner Freibetrag zu, für den keine Steuer anfällt“, erklären die Experten. Demnach sind Erbschaften für Ehepartner in Höhe von 500 000 Euro, Kinder des Verstorbenen erben 400 000 Euro steuerfrei.

Aber was, wenn es unter mehreren Erben zum Streit kommt? In diesem Fall empfehlen die „Finanztest“-Experten eine Mediation. Ziel einer solchen Mediation ist es, eine einvernehmliche Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten halbwegs leben können.

Wichtig zu wissen: Die Frist zum Ausschlagen eines Erbes beträgt im Regelfall nur sechs Wochen. „Sie verlängert sich auf sechs Monate, wenn die verstorbene Person im Ausland gelebt hat oder Sie sich dort aufhalten.“ Entscheiden sich Betroffene für das Erbe, sollten sie sich im Klaren darüber sein, was mit der Immobilie geschehen soll. Grundsätzlich stehen ihnen drei Möglichkeiten offen.

Option 1: In das Haus einziehen

Der Einzug in das geerbte Haus kann sich finanziell lohnen: „Sie können Erbschaftssteuer sparen, wenn Sie als Erbin oder Erbe selbst in der Immobilie wohnen – und sie nicht etwa nur als Zweitwohnsitz oder Wochenendhäuschen nutzen“, schreiben die Experten. Voraussetzung: Bei den Erben handelt es sich um Ehepartner, eingetragene Lebenspartner oder Kinder des Verstorbenen. Noch eine zweite Voraussetzung gibt es, um Steuern zu sparen: „Steuerlich privilegierte Hinterbliebene müssen die Wohnung oder das Haus nach dem Erbfall mindestens zehn Jahre lang bewohnen“, erklären die Experten.

Erben mehrere Geschwister, kann es mit dem Steuersparen aber auch kompliziert werden, wie die Autoren erläutern: Wohnen die Geschwister gemeinsam im geerbten Haus zusammen, wird die steuerfreie Wohnfläche entsprechend ihrer Erbanteile aufgeteilt. Zieht nur ein Geschwisterteil ein, die anderen bleiben aber Miteigentümer, kann das ungünstig sein: „Der Bewohner oder die Bewohnerin bekommt die Steuerbefreiung nur anteilig gemäß der Erbquote. Die anderen haben nichts von ihrem Steuerprivileg, weil sie nicht im Familienheim leben.“

Option 2: Das Haus vermieten

Wer die geerbte Immobilie vermieten möchte, sollte sich bewusst sein, welche Pflichten mit einer Vermietung einhergehen: „Als Vermieter erzielen Sie zwar Mieteinnahmen, haben aber – je nach Zustand des Objekts – auch Ausgaben zu stemmen“, heißt es bei „Finanztest“. Das bedeutet konkret: Vermieter müssten den Angaben zufolge das Mietobjekt in einem bewohnbaren Zustand halten, was notwendige Reparaturen und eine regelmäßige Wartung umfasst. Und es gibt noch ein zweites finanzielles Risiko, das nicht unterschätzt werden sollte, wie „Finanztest“ erläutert: „Wann Sie Geld für einen Fensteraustausch ausgeben, können Sie ganz gut planen. Hohe Kosten können aber unerwartet entstehen, etwa wenn die Heizung kaputtgeht.“

Option 3: Das Haus verkaufen

„Wenn sich eine Immobilie nicht eignet, um sie selbst zu nutzen oder man die Mühen des Vermieterdaseins nicht auf sich nehmen möchte, ist der Verkauf die Alternative der Wahl“, lautet der Ratschlag der Fachleute. Gerade wenn es mehrere Erben gibt, kann ein Verkauf sinnvoll sein – dann wird am Ende einfach das Geld aufgeteilt.

Was einfach klingt, ist in der Praxis oft alles andere als einfach: „Einem Verkauf müssen alle Miterben zustimmen. Sind sie sich nicht einig, wird es schnell schwierig.“ Als Notlösung bleibe dann die „Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft“, die jeder Miteigentümer der Immobilie beim zuständigen Amtsgericht beantragen könne. Rechtsanwalt Sebastian Holderbaum warnte in „Finanztest“ vor diesem Schritt: „Erben geben die Entscheidungsgewalt über den weiteren Verlauf aus der Hand. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Immobilie den Eigentümer zu einem geringeren Preis wechselt, als sich bei einem Verkauf erzielen ließe.“ Er rät daher auch in diesem Fall zu einer Mediation, um eine Einigung zu finden. sh

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