Zinshoffnung treibt Dax zur Rekordjagd an

von Redaktion

VON ULRICH KATER

Die Gelegenheit für schwächere Aktienmärkte war gegeben. Doch stattdessen kletterte der Dax Tag für Tag zu neuen Allzeithochs. So auch am Freitag, bereits im frühen Handel erreichte der deutsche Leitindex die siebte Bestmarke in Folge.

Offenkundig wird die Erzählung von anstehenden Leitzinssenkungen ab dem Sommer fortgeführt. Das Economic Sentiment, der breiteste Stimmungsindikator für die Eurozone, gab für Februar überraschend nach. Für das erste Quartal 2024 deutet sich im Euroraum mithin nur eine Bewegung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität um die Nulllinie herum an. Auch die rückläufige Kreditvergabe im Januar dürfte von der Europäischen Zentralbank (EZB) als Hinweis gewertet werden, dass die Geldpolitik weiterhin deutlich restriktive Wirkung zeigt und mit Zinssenkungen nicht zu lange gewartet werden sollte. An den Börsen wurde dies wohlwollend zur Kenntnis genommen.

In den USA sieht es etwas anders aus. Das Ergebnis ist identisch: Höchststände an den Aktienmärkten. Die persönlichen Einnahmen der privaten Haushalte sind im Januar sehr deutlich gestiegen, passend zum starken Beschäftigungsaufbau. Hier braut sich durchaus eine Konjunkturdynamik zusammen, die baldigen Leitzinssenkungen der amerikanischen Notenbank entgegenstehen könnte. Doch dominieren die guten Ergebnisse der Unternehmen die Laune der Marktteilnehmer. Die sogenannten „Magnificent 7“ (Amazon, Alphabet und Co.) waren auch im vierten Quartal 2023 die entscheidenden Lokomotiven des Gewinnwachstums: Mit einem Plus von 56,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr spielen sie weiterhin in einer anderen Liga als die übrigen 493 Mitglieder des S&P 500, die einen Gewinnrückgang von 3,4 Prozent verzeichneten. Die Fantasie bezüglich Digitalisierung im Allgemeinen und Künstlicher Intelligenz (KI) im Besonderen wird von der Gewinnentwicklung der sieben Unternehmen genährt.

In den nächsten Tagen geht es Schlag auf Schlag. Montag beginnt in China der Nationale Volkskongress. Hier wird unter anderem das Wirtschaftswachstumsziel für 2024 verkündet, das bei „rund fünf Prozent“ liegen dürfte. In den USA steht bei den Vorwahlen der „Super Tuesday“ an. Sehr wahrscheinlich dürften letzte Restzweifel ausgeräumt werden: Joe Biden wird Anfang November für die Demokraten antreten und Donald Trump aufseiten der Republikaner.

Am Donnerstag wird die Europäische Zentralbank die Leitzinsen bei dieser Ratssitzung unverändert lassen, aber möglicherweise konkretere Hinweise geben, wann mit dem Beginn der Lockerung zu rechnen ist. Und als ob dies nicht genug wäre, kommt zum Wochenschluss noch der US-Arbeitsmarktbericht für Februar. Je stärker dieser ausfällt, desto mehr Kratzer erhält die Erzählung von der anstehenden Zinswende. Die Finanzmärkte haben viele neue Eindrücke zu verarbeiten.

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