Die Zahl der Rentner, die Grundsicherung beziehen, steigt: Waren es Ende 2020 noch rund 414 000, sind es heute bereits 469 000, teilte das Statistische Bundesamt gerade mit – ein Anstieg von mehr als 13 Prozent. Doch weshalb nimmt die Zahl der Rentner in Grundsicherung so zu? Wer kann überhaupt Grundsicherung beantragen? Und was deckt diese ab? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Weshalb sind mehr Rentner in Grundsicherung?
Laut Deutscher Rentenversicherung hat das vor allem mit einer politischen Entscheidung zu tun: Menschen, die mindestens 33 Jahre Beiträge für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege geleistet, aber wenig verdient haben, können seit 2021 höhere Freibeträge bei der Grundsicherung geltend machen. Und diese Freibeträge steigen jährlich. So blieben 2021 bis zu 223 Euro der Rente anrechnungsfrei, 2023 waren es sogar bis zu 253 Euro. Wer also bisher minimal zu viel Einkommen für die Grundsicherung im Alter hatte, konnte sie nun schon erhalten, sagt eine Sprecherin der Rentenversicherung. „Damit erklärt sich die Zunahme der Zahlen“, bestätigt sie.
Gibt es noch weitere Gründe?
Wenngleich der Anstieg der vergangenen beiden Jahre tatsächlich weitestgehend auf höhere Freibeträge zurückzuführen ist, gibt es natürlich noch weitere Gründe. So sind beispielsweise die Mieten in den vergangenen Jahren extrem gestiegen: In München im Neubau laut Immobilienverband Deutschland Süd zum Beispiel von 13,20 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2010 auf 21,30 Euro im Jahr 2023. Auch Heizen ist teurer geworden. Diese Preisanstiege sowie die allgemeine Inflation belasten natürlich auch Senioren und dort vor allem bedürftige Personen, wie Studien immer wieder zeigen. Auch deshalb reichen die Renten oft nicht mehr für das Leben. Die Folge: Seit 2010 ist die Zahl der Rentner in Grundsicherung von 283 000 auf 469 000 gestiegen. Gemessen an der Gesamtzahl der Rentner von derzeit 16,3 Millionen seien das dennoch nur 2,8 Prozent, so die Rentenversicherung.
Was ist Grundsicherung und wer bekommt sie?
Reicht die Rente zum Leben nicht, springt die Grundsicherung ein. Sie kommt für den Lebensunterhalt, gegebenenfalls aber auch für Wohn- und Heizkosten auf. Und: Sie kann sogar Teile des Alters- oder Pflegeheims bezahlen, hier gibt es immerhin einen Zuschuss in Höhe der ortsüblichen Miete. Wer im Alter Grundsicherung beantragen will, muss allerdings die Altersgrenze für die reguläre Renten erreicht haben. Diese wird derzeit stufenweise vom 65. auf den 67. Geburtstag angehoben. Der Regelsatz in der Grundsicherung beträgt bei Alleinstehenden 563 Euro, bei Ehepaaren oder Lebenspartnerschaften 506 Euro und bei Personen in stationären Einrichtungen wie Alters- oder Pflegeheimen 451 Euro.
Wer bekommt keine Grundsicherung?
Frührentner haben keinen Anspruch auf Grundsicherung. Das gilt auch für Menschen, die im Ausland wohnen, und solche, die ihre Bedürftigkeit „grob fahrlässig“ herbeigeführt haben, so die Rentenversicherung. Auch Rentner, deren Angehörige mehr als 100 000 Euro verdienen und ihnen gegenüber unterhaltspflichtig sind, bekommen keine Grundsicherung. Ausgezahlt wird die Grundsicherung übrigens nicht von der Rentenversicherung, sondern vom Sozialamt. Es prüft auch die Einkünfte der Antragsteller und entscheidet in Grenzfällen, ob eine Bedürftigkeit gegeben ist oder nicht.
Wie viel Einkommen darf man haben?
Das hängt von verschiedensten Faktoren ab, es gibt aber eine Faustformel: Ab 1016 Euro sollten Rentner prüfen lassen, ob sie Grundrente bekommen. Bei dieser Höhe legt die Rentenversicherung dem Rentenbescheid immer einen Antrag auf Grundsicherung bei. Der Rentner muss deshalb aber nicht automatisch Anspruch auf die Hilfe haben. Hat er etwa hohes Vermögens oder viele Zusatzeinkünfte aus Mieten, Betriebsrenten, Riester-Renten oder anderen Quellen, kann sein Einkommen zu hoch sein. Zudem werden auch Einkünfte und Vermögen des Partner einbezogen.
Welches Einkommen und Kapital wird angerechnet?
Als Vermögen gelten zum Beispiel Aktien, Immobilien, Bargeld, Sparguthaben oder Grundstücke. Wer Grundsicherung will, muss grundsätzlich erst dieses Kapital aufbrauchen. Allerdings gibt es Schonvermögen, das nicht angetastet werden muss. Darunter fällt das eigene Haus oder die eigene Wohnung, sofern diese angemessen sind. Was das im Einzelfall konkret bedeutet, entscheidet das Sozialamt. Auch Hausrat, kleine Bargeldbeträge (10 000 Euro bei Alleinstehenden, 20 000 bei Paaren) oder ideelle Erbstücke sind außen vor. Bei Einkünften gibt es ebenfalls Anrechnungsgrenzen. So zählen Mieten bis 3000 Euro pro Jahr nicht zum Einkommen, die Grenzen bei Einkünften aus Ehrenamt sind ebenso hoch. Bei Erwerbseinkommen aus Weiterarbeit oder einem Minijob werden maximal 70 Prozent angerechnet. Und bei Renten oder Riester-Renten gibt es einen Freibetrag von je 100 Euro, darüber werden maximal 70 Prozent der Einkünfte angerechnet.
Wie berechnet sich daraus eine konkrete Zahlung?
Das Amt rechnet immer gegen, ob Einkommen oder Vermögen eines Rentners kleiner als dessen Regelbedarf sind – und gleicht über die Grundsicherung dann den Fehlbetrag aus. Daraus ergeben sich komplexe Berechnungen. Demnach bekommt laut einer Beispielrechnung der Rentenversicherung ein Ehepaar mit 1145 Euro Gesamtrente, 300 Euro Monatsmiete, 66 Euro Heizkosten exakt 233 Euro Grundsicherung. Bei einem Alleinstehenden mit höheren Freibeträgen wegen 33 Jahren Anrechnungszeit für die Grundrente, 350 Euro Miete, 95 Euro Heiz- und Nebenkosten und einer Rente von 850 Euro sind es dagegen 533,50 Euro Grundsicherung.
Wo und wie beantragt man Grundsicherung?
Den Antrag auf Grundsicherung muss man entweder direkt beim Sozialamt einreichen oder man kann ihn bei der Rentenversicherung abgeben, die ihn dann ans Sozialamt weiterschickt. Informationen gibt es auf der Webseite der Rentenversicherung sowie telefonisch dort unter 0800/1000-4800.
Welche Kritik gibt es an der Grundsicherung?
Wohlfahrtsverbände und Ökonomen beklagen unter anderem, dass Sozialämter Vermögen, Miethöhen und Einkünfte unterschiedlich und teils widersprüchlich bewerten und die Antragstellung sehr kompliziert sei. Das führe dazu, dass viele potenzielle Berechtigte die Grundsicherung gar nicht beantragen würden, kritisierte etwa der Wirtschaftsforscher Andreas Peichel vom Münchner ifo-Institut im Jahr 2021.