Der Dax steht bei 18 000 Punkten – Rekord, aber auch irgendwie langweilig. Wir wenden uns daher heute lieber den Rekorden der schillernden Kryptowelt zu. Alle bislang geschürften Bitcoins sind seit ein paar Tagen mehr Wert, als die Gesamtmenge (man schätzt 1,7 Millionen Tonnen) des bislang geschürften Silber. Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Erstens gibt es den Bitcoin gerade mal 15 Jahre, während die Menschen schon vor 7000 Jahren im Reich der Hethiter mit dem Sammeln von Silber begonnen haben. Zweitens ist Silber ein rares und schönes Edelmetall, aber was ist der Bitcoin?
Verschiedene Interessengruppen bieten hier verschiedene Antworten. Es wird zum Beispiel behauptet, der Bitcoin sei eine bessere Währung als der US-Dollar oder der Euro und die Technologie hinter dem Bitcoin (Blockchain) sei ein besseres Transaktionssystem als das bestehende SWIFT System der Banken. Kling gut, ist aber beides falsch. Ein 100 US-Dollar Schein ist ein staatlich garantierter Anspruch auf Eigentumserwerb. Ein Bitcoin ist ein von niemand garantierter Anspruch auf Nichts. Und das SWIFT System ist ein unendlich viel effizienteres Transaktionssystem als eine Blockchain. Diese Einwände von mir sind zugegebenermaßen sehr kurz und grob, die Krypto-Szene würde das so nicht stehen lassen.
Unzweifelhaft ist aber, dass es der Bitcoin in 15 Jahren nicht geschafft hat, im legalen Zahlungsverkehr irgendeine relevante Rolle zu spielen und es gibt keinen Grund, warum sich dies die nächsten 15 Jahre ändern sollte. Dennoch war der Bitcoin mit seiner Blockchain eine bemerkenswerte Innovation, die das Problem der fehlenden Kopiersicherheit im digitalen Raum gelöst hat. Diese technische Innovation wird noch interessante Anwendungen finden, allerdings hat das mit dem Bitcoin und der Frage, was er eigentlich wert ist, nichts zu tun.
Ich glaube die beste Analogie für den Bitcoin ist das Urinal, welches Marcel Duchamp 1917 in einem Sanitärgeschäft kaufte und behauptete, dieses Urinal sei jetzt Kunst. Begründung: Was Kunst ist, entscheidet der Künstler. Trotz aller Kritik hängt das Urinal heute im Museum. ANDREAS BECK