Wachstumsgesetz hilft Rentnern

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

Vorige Woche hat das Wachstumschancengesetz der Berliner Ampelregierung den Vermittlungsausschuss des Bundesrats passiert. Damit können sich milliardenschwere Entlastungen für die Wirtschaft entfalten. Spürbar profitieren werden auch Rentner, erklärt Deutschlands größter Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe (VLH). Es sind mit dem Besteuerungsanteil von Renten und dem Altersentlastungsbetrag zwei Neuregelungen, die Neurentner betreffen. „Positiv für Rentnerinnen und Rentner ist natürlich der langsamer steigende Besteuerungsanteil, der beschlossen worden ist“, sagt VLH-Chef Jörg Strötzel zum Haupteffekt. Auch der Bund der Steuerzahler und dessen Experten haben sich die Neuregelungen angesehen.

Was bringt das Wachstumschancengesetz für den Besteuerungsanteil von Renten?

Der steigt ab 2023 nun langsamer als einmal geplant, womit sich die Vollbesteuerung von Renten um 18 Jahre nach hinten verschiebt. Ursprünglich sollte der steuerpflichtige Rentenanteil jährlich um einen Prozentpunkt wachsen. Damit wäre nach alter Regelung bei Renteneintritt ab 2040 die gesamte Rente steuerpflichtig geworden. Nun steigt der steuerpflichtige Anteil nur um einen halben Prozentpunkt pro Jahr. Das Ganze gilt rückwirkend schon für 2023. Wer voriges Jahr Rentner geworden ist und dieses Jahr eine Steuererklärung für Rentner einreichen muss, braucht damit nur noch 82,5 statt 83,0 Prozent seiner Rente auf eine eventuelle Steuerpflicht anrechnen. Bei Neurentnern dieses Jahres sind es 83,0 statt 84,0 Prozent. Erst mit einem Renteneintritt ab 2058 werden Renten nun voll steuerpflichtig. Das ist primär keine Steuererhöhung, sondern eine 2005 eingeführte Übergangsregelung: Für jeden Jahrgang wird ein immer höherer Teil der Rente steuerpflichtig, dafür wird ein steigender Anteil der geleisteten Rentenversicherungsbeiträge steuerlich abzugsfähig.

Wie viel bringt das einem Durchschnittsrentner über seine statistisch erwartbare Rentenbezugsdauer?

Das sehen sich alle Experten außerstande seriös zu beziffern. Dafür seien Renten zu individuell und von zu vielen potenziell entlastenden Faktoren abhängig. Einzelne Experten haben auf Basis der beschlossenen Änderungen auf die gesamte Rentenlaufzeit Minimalbeträge von kaum über 1000 Euro bis gut 10 000 Euro berechnet. Allgemein dürfen die Jahrgänge 1975 bis 1980 die größte Minderung von Steuerpflicht erfahren.

Und was ist mit dem Altersentlastungsbetrag?

Auch der sinkt mit der jetzigen Neuregelung weniger schnell und zwar von 0,8 auf 0,4 Prozent jährlich. Ruheständler, die mindestens 64 Jahre alt sind und neben ihrer Rente weitere Einkünfte in Form von Kapitalerträgen, Mieten oder Arbeitslohn erhalten, beziehen diese zu einem größeren Anteil steuerfrei. Für 2023 beträgt der steuerfreie Anteil solcher Einkünfte nun 14 Prozent, für 2024 liegt er bei 13,6 Prozent. Es gibt aber Höchstgrenzen, die für voriges Jahr 665 Euro betragen, für dieses Jahr 646 Euro.

Warum hat die Ampelregierung Rentner nun entlastet?

Das geht vor allem auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Doppelbesteuerung zurück. Demnach könnten Bundesbürger bei unveränderter Regelung sowohl Steuern auf ihre Rentenbeiträge im Berufsleben als auch auf ihre Rentenbezüge als Ruheständler zahlen müssen. Solche Doppelbesteuerung ist laut BFH unzulässig.

Ist das Thema Doppelbesteuerung nun erledigt?

Nein, sagt der Bund der Steuerzahler. Die jetzige Neuregelung sei erst ein zweiter von drei nötigen Schritten. Der erste sei voriges Jahr eine Anhebung des Sonderausgabenbetrags für Rentner gewesen. Der noch fehlende dritte Schritt betrifft Rentenerhöhungen. Denn der Prozentsatz der Rente, die versteuert werden muss, bleibt zwar mit dem Renteneintritt für die gesamte Rentendauer gleich. Davon ausgenommen sind bislang aber noch Rentenerhöhungen, die es in der Regel jährlich gibt. Diese Erhöhung wird derzeit grundsätzlich zu 100 Prozent auf eine eventuelle Steuerpflicht angerechnet. Auch für sie fordert unter anderem der Bund der Steuerzahler Freibeträge. Eine Diskussion auch darüber wird noch in diesem Jahr erwartet, sodass die Steuerpflicht von Ruheständlern weiter gemindert wird.

Wann müssen Rentner überhaupt Steuern bezahlen?

Das hängt von ihren Gesamteinkünften ab. Zum einen ist das der steuerlich relevante Teil ihrer Rentenbezüge, der nun gemindert wird. Dazu kommen Betriebsrenten, Pensionen, Zinsen, Dividenden, Vermietung und Verpachtung. Nur wenn die Summe all dessen 2023 für Ledige 10 908 Euro oder für dieses Jahr 11 604 Euro überschreitet, muss der Überschussanteil versteuert werden. Bei Verheirateten betragen diese Grenzeinkünfte für voriges Jahr 21 816 Euro und für dieses Jahr 23 208 Euro.

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