DIE BÖRSENWOCHE

Schulden sinken trotz mauem Wachstum

von Redaktion

Die deutschen Staatsschulden sind im Jahr 2023 um 62 Milliarden auf 2,62 Billionen Euro gestiegen. Gleichzeitig ist die Schuldenquote – der Schuldenstand im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) – von 66,1 Prozent im Vorjahr auf 63,7 Prozent gefallen. Im Jahr 2021 lag die Quote sogar noch bei 69 Prozent.

Steigende Staatsverschuldung und sinkende Schuldenquote, wie kann das sein? Entscheidend ist der Zusatz „nominal“ beim Bezug zum BIP. Während das reale, also abzüglich Inflationsrate gemessene Wirtschaftswachstum Deutschlands im letzten Jahr 0,3 Prozent negativ ausfiel, stieg das nominale, nicht preisbereinigte um 6,3 Prozent. Der Grund: In Deutschland ist die Produktion von Waren und Dienstleistungen zwar gesunken. Deren Preise sind allerdings so stark angestiegen, dass die resultierenden Umsätze deutlich zugelegt haben.

Tatsächlich bleiben die Aussichten bescheiden. Laut Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforscher ist 2024 mit einem realen BIP-Wachstum von nur 0,1 Prozent zu rechnen. Im Jahr 2025 könnte es dann mit 1,5 Prozent stärker bergauf gehen. Es bleibt aber dabei, dass mehr Dynamik durch strukturelle Faktoren ausgebremst wird. Neben der Bürokratie, dem Arbeitskräftemangel und hohen standortspezifischen Kosten gehört auch eine weitere Zunahme von Handelshemmnissen dazu. Schon seit 2018 bremsen Zölle, Sanktionen, Regulierungen und andere Einschränkungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs insbesondere die exportorientierte deutsche Industrie aus.

Damit liegt die Hoffnung der Konjunkturforscher auf dem privaten Konsum, der sich angesichts stark steigender Löhne bei gleichzeitig weiter sinkender Inflation beleben sollte. Bisher ist davon aber wenig erkennbar. Verbraucherinnen und Verbraucher halten sich aufgrund der starken Preissteigerungen der jüngeren Vergangenheit sowie wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten mit größeren Anschaffungen zurück.

Offensichtlich fehlt es also auch an Zuversicht. Bekanntlich spielt die Psychologie eine große Rolle im Wirtschaftsleben. Doch steigende Realeinkommen, das Ende der zermürbenden Streiks bei der Bahn und im Flugverkehr, der Frühling und vielleicht sogar die Hoffnung auf ein neues Sommermärchen während der anstehenden Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land könnten Optimismus und Konsum ankurbeln. Umsätze und Unternehmensgewinne würden davon profitieren, obwohl auch diese wie das nominale BIP in inflationären Zeiten ohnehin stärker steigen.

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