Berufsunfähigkeit absichern

von Redaktion

Risikoberufe bedeuten auch höhere Beiträge. Wechselt man später in ein ungefährlicheres Gewerbe, kann das auch niedrigere Beiträge bedeuten. © Jens Schierenbeck

Psychische Erkrankungen, Gelenkschäden, Krebs: Berufsunfähigkeit kann jeden treffen. Die gesetzlichen Netze bieten dabei nur einen Basisschutz. Die „Finanztest“ (Heft 06/24) rät deshalb zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung und hat 67 Tarife unter die Lupe genommen. Die meisten davon sind empfehlenswert, es kommt aber auf die Details an.

■ Gesetzliche Leistung

Wer länger krank ist, bekommt als gesetzlich versicherter Arbeitnehmer bis zu 72 Wochen lang maximal 70 Prozent des letzten Bruttoeinkommens als Krankengeld. Danach kann man Erwerbsminderungsrente beantragen – aber nur, wenn man zuvor mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rente eingezahlt hat. Lediglich für Azubis kann es Ausnahmen geben. Laut „Finanztest“ reichen die Leistungen kaum, um den Lebensstandard zu halten. Wer aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ausscheidet, bekommt eine Verletztenrente von der Berufsgenossenschaft. Bei Selbstständigen ohne eigene Vorsorge greift die Grundsicherung.

■ Preisunterschiede

Viele Tarife sind ähnlich gut, die Preisunterschiede aber groß: Der Musterkunde ist ein 30-jähriger Controller, der bis zum Renteneintritt mit 67 Jahren monatlich 2000 Euro bekommen möchte. Die Beiträge hierfür kosten ihn je nach Tarif zwischen 643 und 3071 Euro im Jahr. Dabei handelt es sich jeweils um die „Zahlbeiträge“. Das sind die eigentlichen „Tarifbeiträge“, von denen die Versicherer etwa Gewinne aus dem Kapitalmarkt abziehen. Die Konditionen können sich je nach Gesundheit, Berufsrisiko und Hobbys stark unterscheiden. Die Finanztest rät dazu, den Vertrag noch in jungen Jahren abzuschließen, weil die Beiträge dann niedriger sind.

■ Testsieger

Von den 67 Angeboten im Test erhielten 38 die Bewertung „sehr gut“, 19 die Bewertung „gut“ und weitere zehn immerhin noch ein „Befriedigend“. Die sieben besten Policen wurden alle mit der Gesamtnote 0,9 ausgezeichnet. Unter ihnen finden sich gleich drei Tarife der Hannoverschen (SBU 23 BEDE 23 Premium-Exklusiv, Premium-Plus und Premium) und je ein Tarif von DBV (SBU SDV), Europa (SBU E-BU), HDI (SBU BV22 EGO Top) und LV1871 (SBU Golden BU). Fast ebenso gut bewertet sind Tarife von Allianz (SBU Premium oder Komfort), Axa (SBU) und Gothaer (SBU Premium).

■ Wichtige Leistungen

Ein Vertrag sollte folgende Leistungen enthalten: Nachversicherungs- oder Anpassungsgarantie: Mit dieser Option können Versicherte ihre vereinbarte Rente an neue Lebensumstände anpassen und diese ohne erneute Gesundheitsprüfung anheben. Dazu zählen höhere Einkommen oder ein risikoärmerer Beruf. Beitragsdynamik: Die Beitragsdynamik hebt die vereinbarte Rente Jahr für Jahr um einen bestimmten Prozentsatz an – etwa um zwei, drei oder fünf Prozent, um zum Beispiel die Folgen der Inflation auszugleichen. Ist es finanziell einmal knapp, sollten die Versicherten die Beitragsdynamik aber mehr als zweimal hintereinander aussetzen können, ohne das Recht auf Wiederaufnahme zu verlieren. Versicherungsdauer: Die Versicherungsdauer sollte bis zum regulären Renteneintrittsalter von 67 Jahren gehen. Im Idealfall beinhaltet der gewählte Tarif auch noch eine Verlängerungsoption ohne erneute Gesundheits- oder Risikoprüfung. Verzicht auf abstrakte Verweisung: Der Versicherer verzichtet darauf, den Kunden auf einen anderen Beruf zu verweisen und deshalb die Rente zu verweigern.

■ Antragstellung

Vor dem Antrag sollten Kunden bei der Krankenkasse eine sogenannte Patientenquittung anfordern, um die Fragen der Versicherung zum eigenen Gesundheitszustand wahrheitsgemäß beantworten zu können. Die Daten sind oft nach dem ICD-Code verschlüsselt, eine Legende findet sich unter icd-code.de. Sollte hier eine falsche Diagnose vermerkt sein lohnt es sich zu handeln. Bei der Krankenkasse kann man einen Antrag auf Korrektur stellen. Der Versicherung gegenüber sollte man nicht lügen: Kann sie falsche Angaben nachweisen, muss sie nicht zahlen. Ein Ausschlusskriterium können unter anderem Drogen oder psychische Erkrankungen sein. Hat man einen komplizierter gelagerten Fall, sollte man sich unter Umständen an einen unabhängigen Makler wenden. Die „Finanztest“ bietet auf der Website test.de/bu-checkliste eine kostenlose Checkliste, um ein gutes Angebot zu erkennen. Die kann man auch gemeinsam mit dem Makler durchgehen.

■ Auszahlung

Tritt der Versicherungsfall ein, sollte man ein Gutachten eines Facharztes vorlegen. Der muss bescheinigen, dass der Versicherungsnehmer seiner gewohnten Arbeit für mindestens sechs Monate zu weniger als 50 Prozent nachgehen kann. Dafür wird meist ein detailliertes Tätigkeits-Protokoll verlangt. Hieran scheitern die meisten Anträge auf Berufsunfähigkeit.

■ Durchsetzung

In rund acht von zehn Fällen zahlen die Versicherungen. Zahlt die Versicherung nicht, haben Kunden vor Gericht eine Erfolgschance von rund 50 Prozent. In diesen Fällen geht es meist darum, ob der Versicherungsfall tatsächlich eingetreten ist oder ob der Kunde eine andere Tätigkeit aufnehmen muss. Die Ausnahme sind Streitfälle um die wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen: Hier verlieren 70 Prozent der Kläger den Prozess.

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