Kein Kredit mehr für Ältere?

von Redaktion

Auch im Alter wird Geld gebraucht. Zum Beispiel für einen barrierefreien Umbau des Eigenheims. Doch für Senioren ist es oft nicht leicht, bei ihrer Bank Geld aufzunehmen. © Mascha Brichta, dpa

Der 82-jährige Kunde wartete lange auf den Bausparkredit seiner Bank. Immer wieder neue Anforderungen sollte er erfüllen. So kam ihm der Verdacht, der Kredit werde ihm wegen seines hohen Alters verwehrt. Wie sieht die Rechtslage aus – dürfen Banken die Kreditvergabe vom Lebensalter abhängig machen?

Der Fall

2019 schloss der Kunde einen Bausparvertrag über 20 000 Euro mit der BHW Bausparkasse ab. Nach der Ansparung von rund 8000 Euro mit monatlichen Raten sollten ihm weitere etwa 12 000 Euro als Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Mit der Summe beabsichtigte er, einige Fenster in seinem Einfamilienhaus zu erneuern. Im Oktober 2023 teilte die Bank mit, das Geld stünde bereit. Dann aber ließ die Auszahlung auf sich warten. Stattdessen gingen zahlreiche Briefe hin und her. Unter anderem schickte die Bank einen Gutachter, der den Wert des gesamten Anwesens schätzte – trotz der geringen Kreditsumme. Schließlich jedoch wurde das Problem ausgeräumt, die Bank entschuldigte sich für Fehler eines Mitarbeiters.

Die Rechtslage

Zu hören ist von solchen Schwierigkeiten immer wieder. Allerdings schreibt die zugrunde liegende Verordnung für Immobilienkredite vor, „dass das Alter an sich bei der Vergabe von Immobilienkrediten keine Rolle spielen“ darf. Dies teilt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband stellvertretend für die übrigen Verbände der Kreditwirtschaft mit. Entscheidend sind andere Punkte, unter anderem:

Insgesamt gehe es darum, „Diskriminierung aufgrund des Alters zu verhindern und die Kreditvergabeentscheidungen vor allem auf die Beurteilung der Rückzahlungsfähigkeit zu stützen“, fasst der Sparkassenverband zusammen.

Die Ausnahmen

Spielt das Alter gar keine Rolle? Doch, manchmal schon. In gewissen Fällen, schreibt der Verband, „kann auch das hohe Alter dazu führen, einen Darlehensnehmer nicht kreditwürdig erscheinen zu lassen“. Das könne etwa passieren, wenn ein 90-Jähriger einen hohen Kredit beantrage, die Immobilie, die er mit dem Geld renovieren wolle, aber einen zu geringen Wert habe. Die Bank kann dann Gefahr laufen, die ausgereichten Mittel nicht zurückzuerhalten, wenn der hochbetagte Kunde stirbt. In einem solchen Fall mag der Kredit verweigert werden.

Diskriminierung

„Eine Diskriminierung wegen des Alters darf nicht stattfinden“, betont Niels Nauhauser, Abteilungsleiter bei der Verbraucherzentrale (VZ) Baden-Württemberg. Das Kreditinstitut habe lediglich das Recht zu prüfen, ob die Kunden ihren „Verpflichtungen voraussichtlich nachkommen“ können. Diese Prüfung mag allerdings ergeben, dass die Rückzahlung des Kredits aus bestimmten Gründen, die mit dem hohen Alter zusammenhängen, schwierig wird. Als Gründe kommen eventuell eine geringe Rente und steigende Ausgaben für Pflegedienstleistungen in Frage.

Eine Grauzone

Letztlich hängt die Entscheidung der Bank von der Prüfung des „Einzelfalles“ ab, wie es in der Verordnung heißt. Dies bedeutet auch, dass die Mitarbeiter der Institute Ermessensspielräume haben, deren Umfang nicht eindeutig zu regeln ist. Zusammen mit anderen, wichtigeren Kriterien mag ein hohes Lebensalter von Kunden eine Rolle spielen, wenn auch eine untergeordnete. In einer Untersuchung für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommt das gemeinnützige Institut für Finanzdienstleistungen zu dem Ergebnis, dass „Altersgrenzen“ für die Kreditvergabe von Banken relevant sind. Andererseits sagt Verbraucherschützer Nauhauser, ihm seien kaum Verbraucherbeschwerden wegen Altersbenachteiligung bei der Kreditvergabe bekannt. Grundsätzlich stehen hier zwei Ziele gegeneinander: Einerseits sollen die Gesetze verhindern, dass Finanzinstitute durch zu leichtfertige Kreditvergabe in Schwierigkeiten geraten, was eine Finanzkrise verursachen könnte. Andererseits schließt das Antidiskriminierungsgesetz Benachteiligungen unter anderem wegen hohen Alters aus.

Konsumentenkredite

Nicht nur für den Kauf, den Bau oder die Sanierung eines Gebäudes kann man sich Geld leihen, sondern auch für ein neues Autos oder eine schicke Küche. Dabei geht es um sogenannte Konsumentenkredite. Für diese Fälle verweist der Sparkassenverband auf das Bürgerliche Gesetzbuch (Paragraf 505a Abs. 1 Satz 2). Demnach dürfen Institute Kredite „nur dann vergeben, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen vertragsgemäß nachkommen wird“.

Ein „hohes Alter“ eines Kredit-Antragstellers sei in aller Regel kein alleiniger Ablehnungsgrund, vielmehr komme es „auf die Prüfung aller relevanten Faktoren im Einzelfall an“. Wobei die Institute bei Konsumentenkrediten einen größeren Ermessensspielraum haben als bei Immobiliendarlehen, weil es für erstere bisher keine Verordnung gibt, die die Details der Kreditwürdigkeitsprüfung regelt.

Beschwerden

Hätten Kunden den Eindruck, ihr Lebensalter spiele eine unangemessene Rolle für die Ablehnung eines Kreditantrages, sollten sie das Institut schriftlich auffordern, „die Entscheidung unter Bezugnahme auf eine Rechtsgrundlage zu begründen“, sagt Verbraucherschützer Nauhauser. Dann könnten die Kunden die entsprechenden Bedingungen erfüllen, etwa ihre Finanzlage besser erläutern oder bei Immobiliendarlehen eine Grundschuld eintragen lassen. Bei solchen Anfragen helfen die Verbraucherzentralen.

Lässt sich ein Problem trotzdem nicht lösen, kann man sich zudem an die Schlichtungsstellen der Kreditinstitute wenden. Eine Liste dafür stellt die Aufsichtsbehörde Bafin (https://www.bafin.de) zur Verfügung.

Und mitunter kann es auch helfen, den Kreditantrag einfach bei einer anderen Bank einzureichen.

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