DIE BÖRSENWOCHE

Zentralbanken halten Markt in Atem

von Redaktion

Diese Woche hat eindrucksvoll bewiesen, wie maßgeblich Zentralbanken und die Erwartungen über deren künftige Zinspolitik für die Entwicklung an den Finanzmärkten sind. Dabei standen neben Debattenbeiträgen einzelner Notenbanker, die überwiegend zur Vorsicht vor weitreichenden Zinssenkungen mahnten und in den USA sogar vereinzelt Überlegungen zu möglichen Zinserhöhungen anstellten, erneut die Daten im Fokus.

Im Euro-Raum fielen diese ernüchternd aus für alle, die auf eine Fortführung des Trends sinkender Inflation gehofft hatten. Bereits letzte Woche zeigte der Anstieg der Tariflöhne auf 4,7 Prozent im ersten Quartal an, dass der Lohndruck hoch bleibt. Und nachdem in Deutschland berichtet wurde, dass die harmonisierte Inflationsrate für den Mai mit 2,8 Prozent überraschend hoch ausgefallen ist, wurden die Euro-Raum-Daten am Freitag mit Spannung erwartet.

Auch wenn der Anstieg der Gesamtrate von 2,4 Prozent. im April auf 2,6 Prozent im Mai dann doch dem Konsens entsprach, war der Anstieg der Kerninflationsrate (ohne Energie- und Nahrungsmittel) von 2,7 auf 2,9 Prozent höher als vom Markt antizipiert. Insgesamt bestätigen die jüngsten Zahlen unsere Inflationsprognose für den Euro-Raum von durchschnittlich 2,7 Prozent in diesem Jahr. Die Datenlage wird zwar nichts dran ändern, dass die EZB am Donnerstag erstmals die Zinsen senkt, der Ausblick für weitere Zinssenkungen dürfte aber verhalten ausfallen. Bis zuletzt haben die Kapitalmärkte zusätzliche Zinssenkungen immer weiter ausgepreist; derzeit spiegeln die Kurse bis Jahresende 2024 nur noch ein Minus von knapp 60 Basispunkten wieder. Nach Juni erwarten wir nur noch einen weiteren Zinsschritt der EZB im September und dann eine Pause bis ins Frühjahr 2025.

Auch in den USA gab es diese Woche wichtige Daten, die Aufschluss über den künftigen Zinspfad der US-Notenbank Fed lieferten. Im Rahmen der Revision der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für das erste Quartal wurde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach unten revidiert Dies stützte die Hoffnungen auf schnelle Fed-Zinssenkungen erst einmal. Die am Freitag veröffentlichten Zahlen für die Entwicklung der Preise des privaten Konsums für April stimmten zwar mit den Konsensprognosen überein, sowohl die Gesamtrate von 2,7 Prozent als auch die Kernrate von 2,8 Prozent fielen jedoch unverändert aus.

Trotz dieser hartnäckigen Inflationsentwicklung erwarten wir weiterhin einen ersten Zinsschritt der Fed Ende Juli. Grund hierfür sind zunehmende klare Anzeichen für eine Abkühlung der US-Wirtschaft; darunter der jüngst veröffentlichte Rückgang des Realkonsums im April. Zudem dürfte die Fed die Zinswende mit gebührendem Abstand zu den Wahlen im November einleiten, um sich dem Vorwurf einer unmittelbaren Einflussnahme nicht auszusetzen.

Artikel 4 von 6