Urlaubsträume drohen zu platzen. Aber immerhin droht wenigstens Pauschalreisenden kein finanzieller Verlust. © Matthias Balk, dpa
Europas drittgrößter Reiseanbieter ist pleite. Seit Montag hat FTI einen Insolvenzverwalter. Was bedeutet das für den Sommerurlaub? Sollten Betroffene jetzt ihre Reise stornieren oder abwarten? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu beantwortet Eugénie Zobel, Reiseexpertin bei der Zeitschrift „Finanztest“.
Wer ist betroffen?
„Wer einen Urlaub gebucht hat, sollte zunächst in seine Reisedokumente und in den Versicherungsschein schauen. Da steht unter anderem, wer der Veranstalter ist“, sagt Zobel. „Ist FTI, 5vorFlug oder BigXtra der Reiseveranstalter, sind Verbraucher von der Insolvenz betroffen. Und zwar auch dann, wenn sie über eine andere Reiseplattform gebucht haben“, erklärt Zobel. Wurde die Reise hingegen nur über die Portale von FTI gebucht und ist jemand anderes der Veranstalter, haben Reisende Glück gehabt und sind nicht betroffen. Als Beispiele zählt FTI konkret Tui, Alltours, Dertour und vtours auf.
Was sollten jemand tun, der bereits unterwegs ist?
„Wer bereits unterwegs ist, sollte darauf vertrauen, dass FTI wie angekündigt die Reise wie geplant durchführt oder den Rücktransport organisiert. Dazu sind sie bei Pauschalreisen gesetzlich verpflichtet“, sagt Zobel. Wer vor Ort unsicher ist, sollte sich an den Reiseleiter oder den Anbieter wenden. Der will die gestrandeten Reisenden auch nicht im Stich lassen. „Wir sind darum bemüht, dafür zu sorgen, dass die Reisenden ihren begonnenen Urlaub zu Ende führen und planmäßig und sicher nach Hause zurückreisen können“, versicherte auch Insolvenzverwalter Axel Bierbach. Die Unterstützung der aktuell 60 000 Reisenden in den Urlaubsländern habe „höchste Priorität“.
Was gilt für anstehende Reisen – sollte man sie stornieren?
Davon rät Zobel derzeit ab. „Verbraucher sollten Ruhe bewahren – auch wenn dies gerade nervenaufreibend sein kann. Ich würde zunächst davon ausgehen, dass die Reise stattfindet.“ Laut Insolvenzverwalter Axel Bierbach werden alle gebuchten Reisen bis einschließlich 10. Juli ohnehin abgesagt. Für Buchungen danach werde mit Hochdruck ausgelotet, ob andere Anbieter die Reise durchführen können. Die Prüfung laufe momentan. „Wir hoffen, eine Lösung für Reisen ab spätestens 1. Juli zu finden“, sagte Bierbach. Wer also nichts von FTI hört, sollte nicht vorschnell seine Reise stornieren, so Zobel. Zumal eine vorzeitige Stornierung zu rechtlichen Problemen führen könnte. „Dann könnten unter Umständen sogar Stornierungsgebühren anfallen“, warnt Zobel. Neue Reisen können über FTI übrigens nicht mehr gebucht werden. Der Geschäftsbetrieb laufe fortan eingeschränkt weiter, so der Insolvenzverwalter.
Was gilt, wenn man noch einen Restbetrag zahlen muss?
Wer bislang eine geplante Reise nur angezahlt hat, hat folgende Option: Sollte FTI den Kunden auffordern, den offenen Restbetrag zu zahlen, kann dieser darüber nachdenken, die Zahlung nicht zu tätigen. „Wichtig ist dann aber, dass Verbraucher klar und transparent kommunizieren – also dem Unternehmen schreiben, dass sie die Zahlung unter Vorbehalt verweigern“, sagt Zobel. Verbraucher sollten in ihrem Schreiben klarstellen, dass sie den Restbetrag gerne zahlen, wenn es eine Zusage über die Erbringung und Durchführung der Reiseleistung gibt, so die Mitarbeiterin der Stiftung Warentest. Denn so können Verbraucher ihre Bereitschaft zeigen, dass sie ihren Vertrag erfüllen wollen.
Was gilt für bereits angezahlte Reisen?
Theoretisch können Verbraucher, die für die Reise bereits eine Anzahlung per Lastschrift gezahlt haben, das Geld über ihre Bank zurückholen. Das ist innerhalb von acht Wochen möglich. Allerdings würde Zobel von dieser Option zumindest bei Pauschalreisen abraten. „Denn auch hier können rechtliche Konsequenzen drohen, wenn Verbraucher ihre Zahlungspflichten nicht erfüllen.“ Gleichzeitig sind Pauschalreisende gut abgesichert.
Wie sind Betroffene abgesichert?
Die gute Nachricht: Sollte die Pauschalreise nicht durchgeführt werden können, greift der Absicherungsschutz durch den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). „Reisende müssen dann laut Gesetz ihr Geld in voller Höhe zurückerhalten“, sagt Zobel. Dies müsste auch für Pauschalreisen gelten, die bis 10. Juni hätten stattfinden sollten, aber FTI nach eigenen Angaben stornieren musste. Auch Insolvenzverwalter Bierbach bestätigt, dass „alle Kundenzahlungen der über FTI Touristik gebuchten Pauschalreisen durch den DRSF abgesichert sind.“ Das gelte auch für Vorauszahlungen. Dafür brauchen Betroffene nur einen Sicherungsschein, den jeder deutsche Reiseveranstalter bei Pauschalreisen an den Urlauber herausgeben muss, ehe er von ihm Reisepreiszahlungen entgegennimmt. Manche denken jetzt vielleicht skeptisch an die Pleite von Thomas Cook vor rund fünf Jahren zurück, als viele Urlauber draufzahlen mussten. Doch seitdem habe sich einiges geändert. Der Gesetzgeber in Deutschland habe bei der Umsetzung der EU-Reiserechtslinie nachgebessert. „Mit der Folge, dass es im Reisesicherungsfonds kein Deckungslimit mehr gibt. Betroffene, die eine Pauschalreise gebucht haben, müssen also ihr Geld in voller Höhe zurückerhalten.“ Allerdings: Der DRSF-Schutz gilt nicht für Personen, die Einzelleistungen über FTI gebucht haben, etwa nur einen Mietwagen oder ein Hotelzimmer. FTI schreibt dazu: „Wir prüfen derzeit, ob Sie die gebuchten Leistungen dennoch in Anspruch nehmen können und werden uns in Kürze bei Ihnen melden.“ Das betreffe aber nur etwa zehn Prozent der Kunden, so Bierbach.
Was gilt, wenn die Reise erst in einigen Wochen stattfindet?
Solange FTI nicht von sich aus storniert, besteht die Möglichkeit, dass der Urlaub stattfinden kann. FTI-Kunden können sich bei dem Reiseveranstalter zum aktuellen Stand informieren. FTI hat im Internet (www.fti-group.com/de/insolvenz) eine Informationsseite eingerichtet. Telefonisch ist eine kostenlose Hotline unter +49 (0) 89 710451498 erreichbar. Derzeit könnten wegen „erhöhtem Anrufaufkommen“ nicht alle Anrufe entgegengenommen werden, schreibt FTI. Man arbeite „mit Hochdruck an der Ausweitung“ der Kapazitäten (Stand: 05.06., morgens). Findet eine Reise also erst in einigen Wochen statt, sollten Verbraucher sich gedulden. „Erst einmal Füße still halten. Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass das schwer ist“, rät Reiseexpertin Zobel. Die Fragen, welche Reisen durchgeführt werden können und wann Betroffene alternativ ihr Geld zurückbekommen, sind derzeit noch offen. Denn der Insolvenzverwalter muss sich erst einen Überblick zur Lage verschaffen.
Was passiert mit den Mitarbeiter von FTI?
Samt aller Töchter hat das Unternehmen rund 11 000 Mitarbeiter. Bisher hat aber lediglich die Muttergesellschaft FTI Touristik Insolvenz angemeldet, auch wenn weitere Unternehmensteile demnächst folgen dürften. Klare Aussagen gibt es deshalb nur zu den 843 Mitarbeitern von FTI Toursitik. Ihre Gehälter für Mai sind bereits ausgezahlt und jene bis August über das staatliche Insolvenzgeld gesichert.