WOCHENMARKT

Börsen im Bann der Politik

von Redaktion

Die europäischen Finanzmärkte standen auch in der abgelaufenen Handelswoche weiterhin im Zeichen der politischen Entwicklungen in wichtigen Volkswirtschaften. Vor allem die einst als „Schuldenstaaten“ bekannten Länder wie Italien und Frankreich rücken seit einiger Zeit wieder etwas in den Fokus.

Die gute Nachricht: In Frankreich beruhigten sich die Kurse der Staatsanleihen wieder etwas. Das Land hat zuletzt die Defizitziele der EU-Verletzt, zudem stehen demnächst Neuwahlen an. An den Börsen und in der Wirtschaft gab es deshalb Sorgen um den weiteren wirtschaftspolitischen Kurs des Landes. Die scheinen nach einem ersten Schock aber zumindest etwas abgeflaut zu sein. Seit dem Hoch im Renditeabstand zu Bundesanleihen in der Vorwoche hat sich die Renditedifferenz wieder um etwa sieben Basispunkte eingeengt. Diese konstruktive Stimmung übertrug sich auf andere Marktsegmente und ermöglichte die Emission neuer Anleihen.

Staatsfinanzen wieder im Fokus

Dass die Staatsfinanzen das neue Problemkind der europäischen Wirtschaftspolitik werden könnte, wurde anhand der Wiederaufnahme der europäischen Schuldenregeln durch die Europäische Kommission deutlich, die während der Coronakrise ausgesetzt gewesen waren. In der abgelaufenen Woche wurde gegen sieben Staaten, unter anderem Frankreich und Italien, ein Verfahren wegen zu hoher Haushaltsdefizite bekanntgeben. Konkrete Auswirkungen auf den Haushalt wird dies zunächst jedoch nicht haben. Das französische Linksbündnis hat angekündigt, sich über die Haushaltsregeln der EU hinwegsetzen zu wollen, die Rechtsparteien wollen die Beiträge zur EU kürzen. Hier bahnt sich neuer Ärger in der Finanzetage des europäischen Hauses an, der uns noch beschäftigen könnte.

In den USA legten die Einzelhandelsumsätze im Mai um 0,1 Prozent zu. Das war allerdings schwächer als erwartet zu und zudem wurde der Vormonat nach unten revidiert. Die Daten führten zusammen mit Kommentaren von US-Notenbankern dazu, dass die Zinssenkungserwartungen für die Fed per September auf knapp 75 Prozent Wahrscheinlichkeit anstiegen. Zweifellos braucht es für ein neues realwirtschaftliches Gleichgewicht perspektivisch niedrigere Leitzinsen. Allerdings dürfte es in der zweiten Jahreshälfte noch die eine oder andere negative Überraschung geben. Der US-Notenbank Fed wird es schwerfallen, vor November den Leitzins erstmalig zu senken. Sie hat schon mehrmals betont, dass sie ihren geldpolitischen Kurs abhängig von der Datenlage macht.

Was die Weltwirtschaft betrifft, schreitet die Normalisierung voran. Nach turbulenten Jahren mit Schocks wie der Pandemie und einem Krieg in Europa sucht sie nun ein neues Gleichgewicht. Trotz dieser Widrigkeiten sind die Wirtschaftsindikatoren in diesem Jahr sogar in eine Art „Wohlfühlzone“ eingeschwenkt, in der weder das Wachstum noch die Inflation aus dem Ruder laufen dürften. Das gilt im Grunde auch für Deutschland. Man muss jedoch für die deutsche Konjunktur noch Geduld bis ins Jahr 2025 haben, dann erwarten wir wieder ein Wirtschaftswachstum von gut einem Prozent. Die Weltwirtschaft dürfte schon 2024 wieder um 3,2 Prozent wachsen.

Artikel 6 von 6