Kilometerfressen mit dem E-Auto: Mit dem Hyundai Ioniq 6 2WD samt großer Batterie geht das. Er schafft mit kurzem Ladestopp 931 Kilometer und gehört zu den 14 urlaubstauglichen Modellen, die über 750 Kilometer kommen. © Hyundai
1000 Kilometer ohne große Zwischenstopps von München ans Meer: Das ist der Anspruch, den viele Verbraucher an ihr Auto stellen – auch wenn dieses Szenario wohl nur relativ selten vorkommt. Meist spult das Fahrzeug solche Fahrten nur ein paar Mal im Jahr ab: nämlich auf dem Weg in den Urlaub. Doch einige E-Modelle sind voll urlaubstauglich, viele halbwegs. Das hat der ADAC in einem Test ermittelt. Dabei nahm der Autoclub 80 E-Autos unter die Lupe, darunter Modelle von VW, Tesla, Hyundai, Mercedes und BMW sowie verschiedene chinesische Marken.
■ Einmal Laden muss einfach sein
Das Testszenario: Die Autos wurden vollgeladen und so lange gefahren, bis nur noch zehn Prozent Restreichweite in den Batterien waren. Danach ging es ab an den Schnelllader, an dem die Fahrzeuge exakt 20 Minuten hingen – etwa der Zeitraum, um beispielsweise an einem Rastplatz kurz auf die Toilette zu gehen, einen Kaffee zu trinken und etwas kleines zu essen und zu trinken für die Fahrt zu kaufen. Ein klassischer kurzer Halt auf der Langstrecke also, den man auch mit dem Verbrenner oft so macht. Mit dem in dieser Zeit ins Fahrzeug geflossenen Strom fuhr der ADAC dann weiter, bis die Batterien leer waren. Die Summe aus der Strecke vor und nach dem Toiletten-Stopp ergab die Gesamtreichweite. Autos mit mehr als 750 Kilometer stufte der ADAC als voll langstreckentauglich, unter 500 Kilometer als bedingt und unter 400 Kilometer als kaum langstreckentauglich ein.
■ 14 E-Modelle voll langstreckentauglich
Nimmt man den Volvo XC 40 hinzu, der exakt auf den Mindestwert von 750 Kilometern kam, waren 14 E-Modelle im Test voll langstrecken- und damit urlaubstauglich (siehe Tabelle). Auf den Spitzenwert von 931 Kilometern mit einem kurzen Ladestopp kam der Hyundai Ioniq 6 mit Heckantrieb und großer Batterie. Trotz einem nicht überdimensionierten Akku mit 77,4 Kilowattstunden (kWh) Speicherkapazität fuhr er dank extrem geringem Verbrauch mit vollem Akku über 500 Kilometer, bis nur noch eine Restreserve von zehn Prozent in der Batterie war. Zum Vergleich: Lucid Air, BMW iX und Mercedes EQS schafften trotz dicker Batterien mit teils deutlich über 100 kWH auch nicht viel mehr. An der Ladesäule presste der Hyundai dann in 20 Minuten Strom für 429 Kilometer in die Akkus – und hängte damit die Konkurrenz komplett ab.
Erfreulich: Mit einem Neupreis von 60 200 Euro gehört der Ioniq 6 2WD 77,4 kWh zu den wenigstens halbwegs bezahlbaren Modellen in der Spitzengruppe. Lucid Air, iX5 und i7, EQS sowie das Model X von Tesla liegen bei rund 100 000 Euro und teils deutlich darüber. Noch günstiger als der Ioniq 6 und ebenfalls langstreckentauglich: Der Markenkollege Ioniq 5 2WD für 58 700 Euro, der Polestar 2 (54 475) und der Volvo (58 650). Doch auch das sind noch stolze Preise.
■ 28 schaffen weniger als 500 Kilometer
Weniger erfreulich: Insgesamt 28 Autos kamen trotz Zwischenladung nicht einmal auf 500 Kilometer. Besonders schlecht schnitten der Fiat 500e mit 23,8 kWH kleiner Batterie, der Mazda MX 30 und der Dacia Spring 65 mit je etwa 230 bis 250 Kilometer Reichweite ab. Sie alle sind aber auch Stadtautos. Von den Vans und Bussen Mercedes EQT 200 (328 Kilometer), Renault Kangoo E-Tech (330) oder Citroen e-Spacetourer XL 75kWh (339) kann man das nicht sagen. Sie taugen eher für den städtischen Lieferverkehr als für die Urlaubsreise mit Kindern. Ausnahme: der VW ID.Buzz. Er machte immerhin erst nach akzeptablen 567 Kilometern schlapp. Übrigens sind auch viele Chinesen unter den Autos mit der geringsten Reichweite, unter anderem Aiways U5 und U6, MG 5 Maximum Range und MG ZS Maximum Range, Ora Funky Cat und BYD Atto 3. Das komplette Ergebnis gibt es auf der Webseite des ADAC.
■ Viele Deutsche im Mittelfeld, Tesla auch
Und die Deutschen? Fahren abgesehen von den Spitzenmodellen der Premiumhersteller oft im Mittelfeld. Der Opel Astra kratzt an der 500-Kilometer-Marke, der BMW iX1 XDrive 30 nimmt diese mit 559 Kilometern knapp, der Audi Q4 45 e-Tron liegt bei 625 Kilometern, der VW ID.5 Pro Performance kommt auf 592 Kilometer, das Facelift des ID.3 mit großer Batterie auf 663. In dieser Liga sortieren sich auch verschiedene Tesla-Modelle ein. Bei Batterie, Ladegeschwindigkeit und Verbrauch setzen die Amerikaner also nicht mehr den Standard.
■ Autobahntempo und Kälte einkalkulieren
Kleiner Haken: Die Reichweite hat der ADAC mit einem Mix aus Stadt-, Land- und Autobahnfahrten ermittelt. Wer wie auf dem Urlaubsweg üblich mit Autobahntempo Kilometer frisst, dürfte unter den ADAC-Werten landen. Und: Ist es anders als beim Test klirrend kalt, sinken nicht nur die Reichweiten, sondern auch die Ladegeschwindigkeiten, sofern der Akku nicht vorgewärmt ist. Der ADAC fordert deshalb von den Herstellern, auch die Reichweite bei Kälte anzugeben sowie bei jedem Modell eine Vortemperierung des Akkus per Knopfdruck einzuführen. Bisher gibt es die fast nur bei China-Marken wie MG und Nio.