DIE BÖRSENWOCHE

Blicke richten sich in die USA

von Redaktion

Um mehr als zwölf Prozent stürzte der japanische Aktienindex Nikkei 225 am Montag ab – der größte Tagesverlust seit 1987. Weltweit hatten auch andere Aktienindizes deutliche Kursrücksetzer zu verzeichnen, die allerdings bis zum Ende der Woche weitgehend wieder aufgeholt wurden.

Die Entwicklungen unterstreichen die derzeit hohe Nervosität an den Börsen und die anhaltende Abhängigkeit der internationalen Kapitalmärkte von geldpolitischen Entscheidungen. In diesem Fall sorgte zunächst ein überraschend starker Anstieg der Leitzinsen in Japan in der Vorwoche für Verunsicherung. Zwar befinden sich die Zinsen der japanischen Notenbank Bank of Japan (BoJ) mit 0,25 Prozent weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Allerdings wird immer deutlicher, dass auch in Japan die jahrzehntelange Phase ultra-expansiver Geldpolitik ein Ende findet, denn die Inflationsrate erreichte zuletzt 2,8 Prozent.

Es sind weiter steigende Leitzinsen zu erwarten, und damit rücken die sogenannten Carry Trades in den Fokus. Insbesondere nachdem viele Notenbanken seit Mitte 2022 die Zinsen schnell und deutlich anzogen, war es für Kapitalanleger vorteilhaft, sich zu niedrigen Konditionen in Yen zu verschulden und das Kapital im Ausland höherverzinslich anzulegen. Da der Yen in dieser Zeit stetig und deutlich abwertete, konnten die Kredite auch noch günstiger zurückbezahlt werden. Die Aussicht auf höhere Zinsen in Japan sorgte jedoch für eine Aufwertung des Yen und brachte die Gewinnmöglichkeiten durch Carry Trades in Gefahr. Kapitalanlagen im Ausland wurden verkauft, um Yen-Kredite zurückzuzahlen, wodurch die Aufwertungstendenz noch verstärkt wurde. Der Gouverneur der BoJ, Shinichi Uchida, kündigte daher an, weitere Leitzinsanhebungen erst nach einer Beruhigung der Kapitalmärkte vorzunehmen.

Doch auch die Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts für Juli trug zur Verunsicherung bei. Der unerwartet starke Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,3 Prozent ließ Befürchtungen aufkommen, die US-Notenbank Fed könnte zu lange an den hohen Leitzinsen von 5,25 bis 5,50 Prozent festgehalten und dadurch eine Rezession in den USA ausgelöst haben. Die resultierende Erwartung zeitnah sinkender US-Leitzinsen verstärkte die Auflösung von Carry Trades und die Kursverluste.

Vor diesem Hintergrund stehen in der kommenden Woche die volkswirtschaftlichen Daten aus den USA im Fokus. Sollte der Anstieg der Verbraucherpreise im Juli unter die Marke von drei Prozent rutschen, das Wachstum der Industrieproduktion sowie der Einzelhandelsumsätze sich stärker abschwächen und der Immobilienmarktindex NAHB ebenfalls schwach ausfallen, würde die Wahrscheinlichkeit einer ersten Leitzinssenkung durch die Fed im September weiter steigen. Anleger müssen dann entscheiden, ob sie den für Aktien positiven Effekt absehbar sinkender Zinsen oder die konjunkturbedingt schwächeren Gewinnaussichten der Unternehmen stärker gewichten.

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