Mehr Diebstahl bei SB-Kassen

von Redaktion

Dennoch setzen Ketten immer mehr auf Mitarbeit der Kunden

Der Kunde wird zum Mitarbeiter – unbezahlt wohlgemerkt. Dennoch finden viele Kunden die Selbstscan-Kassen praktisch, weil Wartezeiten wegfallen. © Oliver Berg, dpa

Experten sehen ein steigendes Diebstahlrisiko für den Einzelhandel durch den Einsatz von Selbstbedienungskassen. „In entsprechenden Geschäften wird mehr geklaut. Die Verluste der Händler durch SB-Kassen können bei ein bis zwei Prozent des Umsatzes liegen. Das ist sehr viel und deutlich mehr als bei klassischen Kassen“, sagte der Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn, Stephan Rüschen. Dabei gebe es je nach Standort große Unterschiede, in Städten sei das Risiko insgesamt größer als auf dem Land. Rüschen bezieht sich auf Gespräche mit Händlern und anderen Branchenvertretern.

Handel: Kunden erwarten den Service

Trotz des höheren Diebstahlrisikos führt aus seiner Sicht kein Weg daran vorbei, dass der Handel auch künftig stärker auf SB-Kassen setzt. „Im Einzelhandel mangelt es überall an Personal. Außerdem schätzen und erwarten die Kunden den Service inzwischen, weil sie nicht in langen Warteschlangen stehen wollen“, sagte er.

Viele Handelsketten möchten Selbstscan-Kassen ausbauen. Rewe will bis Ende des Jahres die Zahl der Supermärkte, die mit SB-Kassen ausgestattet sind, auf 1800 erhöhen. Die Handelskette Edeka möchte die Zahl ebenfalls erhöhen. „Die Akzeptanz der Kunden ist hoch. Beschwerden sind uns nicht bekannt“, heißt es. Zudem hätten Kunden weiterhin die Möglichkeit, klassische Kassen zu nutzen.

„Kontaktloses Zahlen wird immer attraktiver, und die Nachfrage nach Selbstbedienungskassen steigt“, sagt eine Sprecherin von Ikea. Der Möbelhändler geht bald womöglich noch einen Schritt weiter. Im Einrichtungshaus in Düsseldorf gibt es seit Mai testweise nur noch SB-Kassen. Das Konzept soll möglicherweise bundesweit auf andere Filialen übertragen werden. Laut Rüschen wäre Ikea der erste große Händler in Deutschland, der das so handhabt. In Frankreich, Österreich und Portugal setzt Ikea vielerorts längst nur noch auf Selbstscanner-Kassen.

Ikea testet Läden ganz ohne Kassen

Gegen das hohe Diebstahlrisiko gibt es nach Angaben von Rüschen bereits zahlreiche Präventionsmaßnahmen. Als Beispiel nannte er Aufsichtspersonal im SB-Kassenbereich und Ausgangsschranken, die erst nach dem Scannen des Kassenbons öffnen. Per Video sei es zudem möglich zu erkennen, wenn Kunden Produkte nicht gescannt oder beim Wiegen und der Auswahl von Obstsorten falsche Angaben gemacht haben. Der Handel sei gefordert, die Diebstahlprävention und -erkennung weiter auszubauen, so Rüschen.

Aus der polizeilichen Kriminalstatistik geht hervor, dass in Geschäften in Deutschland zuletzt mehr geklaut worden ist. Die Hauptursache dafür sieht Rüschen nicht in der stark gewachsenen Zahl von Kassen, an denen Kunden ihre Produkte selber scannen. Dies sei vor allem auf die hohe Inflation, die steigenden Preise und die sinkende Kaufkraft zurückzuführen.

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