DIE BÖRSENWOCHE

Warten auf Zinssignale aus den USA

von Redaktion

Nach dem turbulenten Start in den August haben sich die Märkte diese Woche recht ruhig präsentiert. Vor der mit Spannung erwarteten Rede von Fed-Chef Jerome Powell auf dem Treffen der Notenbanker in Jackson Hole waren die Marktakteure zurückhaltend. Daran haben auch die wenigen Konjunkturindikatoren nicht viel ändern können. Im Euro-Raum hat sich nach den vorläufigen Zahlen der Einkaufsmanagerindizes für August die Kluft zwischen den noch zuversichtlicher gewordenen Managern im Dienstleistungsgewerbe und den zunehmend deprimierten Vertretern aus der Industrie noch weiter ausgedehnt.

Insgesamt signalisieren diese Stimmungsindikatoren jedoch weiterhin eine leichte Belebung der Konjunktur in Europa. Für Erleichterung haben zudem die am Donnerstag berichteten Tariflohndaten für das zweite Quartal gesorgt. Nachdem zum Jahresbeginn für den Euro-Raum noch ein Anstieg von 4,74 Prozent gegenüber dem Vorjahr berichtet wurde, gab es im Frühjahr nur noch einen Zuwachs von 3,55 Prozent. Damit wird die Hoffnung genährt, dass sich die weiterhin hartnäckige Dienstleistungsinflation auf absehbare Zeit abkühlt. Mit diesen Lohndaten steht somit der zweiten Zinssenkung der EZB in diesem Zyklus im September nichts mehr entgegen.

Auch in den USA ist im September fest mit einem Zinsschritt, dem ersten im Zyklus, zu rechnen. Uneinigkeit besteht hier jedoch weiterhin über das Ausmaß des Schritts. Nachdem die kurzfristig durch den Einbruch an den Aktienmärkten geschürten Rezessionsängste wieder etwas verflogen sind, schwankt der Markt vor der Jackson-Hole Rede des Fed-Chefs zwischen 25 und 50 Basispunkten. Zwischenzeitlich waren die Erwartungen schon klar Richtung 50 gegangen, was auch einen Rückgang der Renditen für US-Treasuries zur Folge hatte. Bei wenig veränderten Inflationserwartungen hat dies auch zu fallenden US-Realzinsen (Nominalzinsen-Inflationserwartungen) geführt.

Aus unserer Sicht ist dieser Rückgang der US-Realzinsen ein wichtiger Faktor für das Erreichen historischer Höchststände beim Goldpreis von über 2500 US-Dollar je Feinunze zum Beginn der Woche gewesen. Da Gold keine laufende Rendite generiert, steigert sich die Attraktivität von Gold im Umfeld sinkender Realzinsen. Zusätzlich hat der sichere Hafen Gold von der weiter schwelenden Gefahr einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten profitiert. Zudem wurde zuletzt über wieder anziehende Zuflüsse in Gold-ETFs in den westlichen Industrieländern berichtet (nach Abflüssen bis zum Frühjahr 2024).

Solange es nicht zu einem „Flächenbrand“ im Nahen Osten kommt – was zu einem starken Anstieg des Goldpreises führen dürfte – gehen wir in den kommenden Monaten eher von einem Rücksetzer beim Goldpreis auf unter 2400 Dollar je Feinunze aus. Dazu dürfte eine weiterhin gedämpfte Nachfrage aus der Schmuckindustrie beitragen und auch eine weiterhin verhaltene Nachfrage der Chinesischen Zentralbank. Hauptursache ist jedoch der erwartete Rückprall der längerfristigen US-Realzinsen. Auslöser dafür dürften zum einen Enttäuschungen der aus unserer Sicht übertriebenen Zinssenkungserwartungen der Fed sein und zum anderen steigende Risikoprämien in den USA aufgrund steigender Verschuldung, die bei einem Sieg Donald Trumps besonders hoch ausgeprägt sein dürften. Erst im Frühjahr 2025, wenn sich weitere Zinssenkungen der Fed abzeichnen, dürfte der Goldpreis erneut die 2500er-Marke ins Visier nehmen.

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