Viele Nightjets der österreichischen ÖBB starten ab München oder fahren über München. Wer einen Umstieg in Brüssel in Kauf nimmt, kommt mit dem Zug sogar bis London. © Christian Charisius, dpa
Die Sommerferien sind gerade erst vorbei, aber wer im kommenden Jahr mit dem Nachtzug verreisen will, kann sich bereits jetzt darüber Gedanken machen. Denn der ADAC empfiehlt, Nachtzug-Tickets spätestens vier bis sechs Wochen zu buchen, und für die Ferienzeiten gilt: möglichst noch früher buchen. Ansonsten kann es passieren, dass es für Schlaf- und Liegewagen keine Tickets mehr gibt.
■ Gute Verbindungen ab München
Wer tatsächlich eine Reise mit dem Nachtzug plant, sollte sich aber darauf einstellen, dass die Buchung alles andere als einfach ist. „Es gibt viel zu wenige Direktverbindungen, die Verbindungssuche im Internet gestaltet sich unkomfortabel, zudem waren einige Züge vergleichsweise teuer“, lautet das Fazit des ADAC nach einer Auswertung von 21 beispielhaften Verbindungen. Einige der untersuchten Nachtzug-Verbindungen haben ihren Startpunkt München, bei manchen ist auch ein Zustieg in München-Ost möglich (siehe Tabelle). Ermittelt wurde demnach immer das zum Testzeitpunkt günstigste Angebot mit Liegemöglichkeit für die Hinfahrt.
Die gute Nachrichte für Reisende ab München: Die untersuchten Verbindungen München – Rom, München – Amsterdam sowie Stuttgart – Budapest mit Halt in München Ost zählen laut ADAC zu den „guten Direktverbindungen“. Unter den „attraktiven Verbindungen mit Umstieg“ finden sich drei Verbindungen ab beziehungsweise über München: Das ist zum einen München – London mit Umstieg in Brüssel, die beiden anderen Verbindungen starten zwar in Stuttgart, es gibt aber die Möglichkeit, am Bahnhof München-Ost zuzusteigen: „Attraktiv“ sind demnach die Strecken Stuttgart – Florenz sowie Stuttgart – Rom, beide jeweils mit Umstieg in Venedig.
■ In 23 Stunden nach Barcelona
Als „nicht verbraucherfreundlich“ bewertete der ADAC sieben Verbindungen, darunter war aber keine Verbindung ab oder über München. Bei diesen wenig verbraucherfreundlichen Verbindungen war das Problem, dass sie erst gegen Mitternacht starteten oder es mehrere Umstiege gibt, teilweise schon sehr früh am Morgen. „Bei der zum Testzeitpunkt angebotenen Verbindung Hamburg – Barcelona mit gut 23 Stunden Fahrtzeit sind zum Beispiel vier Umstiege erforderlich, bis das Ziel erreicht wird“, bemängelte der ADAC.
■ Die Buchung ist kompliziert
Größte Kritik des Verkehrsclubs: Die Buchung ist kompliziert, eine einheitliche Buchungsplattform für länderübergreifende Verbindungen gibt es nicht. „Die Online-Recherche und der Vergleich von Fahrzeiten, Preisen oder Komfortkategorien sind oft verwirrend und sehr zeitintensiv.“ Die genutzten Buchungsportale DB-Navigator, Trainline und Rail Europe hätten teils unterschiedliche oder viel zu umständliche Verbindungen geliefert. Teilweise hieß es bei der Deutschen Bahn: „Eine Preisauskunft ist nicht möglich.“ Immerhin: Bei drei Viertel der Anfragen bot das Buchungsportal der Deutschen Bahn das günstigste Ergebnis – entsprechend rät der ADAC dazu, für die Recherche das Bahn-Portal oder den DB-Navigator zu nutzen.
Nachtzug-Experte Sebastian Wilken vom Eisenbahnportal zugpost.org sieht das etwas anders. „Es stimmt zwar, dass die DB-Reiseauskunft zur Verbindungssuche gut geeignet ist, bei der Buchung stößt man aber schnell an Grenzen“, sagte er gegenüber unserer Zeitung. Generell sei es immer gut, erst mal beim Anbieter des jeweiligen Nachtzuges zu schauen. In diesem Zusammenhang wundere es ihn, dass in der ADAC-Auswertung das ÖBB-eigene Nachtzugportal nightjet.com nicht erwähnt werde.
■ Große Preisunterschiede
Extrem hoch sind laut ADAC die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Komfortkategorien innerhalb eines Zuges. „Während die Fahrt in einem Sechser- oder Vierer-Liegewagen oft unschlagbar günstig ist, steigt der Preis für eine Nacht im Schlafwagen schnell in den dreistelligen Bereich.“ Während es die günstigste Verbindung von Stuttgart über München nach Budapest bereits für 54 Euro gab, kostete die Strecke Hamburg – Rom für eine Person 607,80 Euro.
■ Auswahl im ADAC-Test ist begrenzt
Sebastian Wilken vom Portal zugpost.org findet die ADAC-Studie grundsätzlich in Ordnung, „bei näherem Hinsehen offenbaren sich aber in der Methodik Schwächen“, sagte er. Seiner Meinung nach fehlen einige Direktverbindungen, die durchaus attraktiv seien, etwa von Stuttgart über München nach Zagreb, genauso attraktiv sei die Verbindung München – La Spezia über Mailand und Cinque Terre.
Auch kritisierte Wilken, dass der ADAC sich auf Reisen beschränkt habe, bei denen die Fahrt mit dem Nachtzug startet und erst am Morgen in einen normalen Fernverkehrszug umgestiegen wird. Schließe man das aus, komme es zu Situationen wie bei der Verbindung Hamburg – Rom mit zu vielen Umstiegen und einem „absurd hohen Preis“ mit über 600 Euro. „Deutlich besser wäre es hier, mit dem ICE nach München zu fahren und dann in den Nachtzug nach Rom zu steigen“, sagte Wilken“ – denn der kostet laut ADAC nur 154,90 Euro. Aus Sicht der Reisenden sei es zwar zu verstehen, dass man am liebsten an seinem Heimatbahnhof direkt in den Schlafwagen steigen möchte, das sei aber auf vielen Strecken nicht realistisch.