DIE BÖRSENWOCHE

Inflationsdruck könnte zurückkehren

von Redaktion

Die Europäische Zentralbank hat bei ihrer Sitzung diese Woche die Erwartungen erfüllt und die Leitzinsen weiter gesenkt. Dabei ging es für das Leitzinsband um 25 Basispunkte nach unten, der geldpolitisch maßgebliche Einlagesatz sank auf 3,25 Prozent. Ansonsten waren die Neuigkeiten begrenzt, vor allem die Risiken für die Konjunktur wurden stärker betont. Auf einen genauer umrissenen Senkungszyklus und damit einen neuen Modus Operandi wollte sich die EZB-Spitze erneut explizit nicht festlegen. Immerhin sinkt die Inflation, alle jüngeren Indikatoren deuten in den Augen der EZB darauf hin, dass das so bleibt. Auf eine Entspannung bei der Lohnentwicklung sowie bei der Binnen- und Dienstleistungsinflation wartet der EZB-Rat zwar nach wie vor sehnsüchtig, sieht den Abwärtstrend aber intakt.

An den Märkten werden bis Ende 2025 mehr als fünf weitere Zinsschritte von jeweils 25 Basispunkten eingepreist, der Leitzins würde damit unter zwei Prozent sinken. Aus unserer Sicht werden dabei die Risiken, die von einem möglichen nächsten US-Präsident Donald Trump ausgehen, scharf unterschätzt. Wie die jüngsten Umfragen andeuten, wird es ein knappes Ergebnis bei den Wahlen in den USA geben und das endgültige Ergebnis vielleicht erst Wochen nach dem Wahltag bekannt gegeben werden. Dies würde zu erhöhter Volatilität an den Märkten führen. Ausschlaggebend für den Wahlausgang werden dabei die Ergebnisse in den Swing States sein, in denen mittlerweile Donald Trump wieder die Nase vorn hat. Dies bekräftigt unser Basis-Szenario einer Trump Präsidentschaft, die einen globalen Wettlauf bei der Anhebung von Zöllen und Zuwanderungsrestriktionen hervorrufen dürfte. Beides wird dazu beitragen, dass der Inflationsdruck wieder ansteigt und der Zinssenkungsspielraum der Zentralbanken kleiner wird. Wir gehen daher davon aus, dass der Zinssenkungspfad der EZB im Frühjahr 2025 bei 2,75 Prozent für den Einlagesatz enden wird.

In der kommenden Woche dürfte der Blick der Finanzmärkte nach Washington gerichtet sein, wo die Jahrestagung von IWF und Weltbank stattfindet. Aus nahezu allen Staaten werden Finanzminister und Zentralbankgouverneure anreisen und sich auch mit Vertretern der Finanzbranche austauschen. Mit einer Studie zum weiteren dramatischen Anstieg der Staatsverschuldung hat der IWF bereits ein Thema der Tagung gesetzt. Daneben dürften Geopolitik, KI und die Entwicklung der globalen Inflations- und Konjunkturentwicklung die Diskussionen bestimmen.

Mit Blick auf die Konjunktur wird das Stimulierungspaket in China für Gesprächsstoff sorgen. Nachdem Anfang des Monats umfangreiche geldpolitische Lockerungen zu einem Kursfeuerwerk an den (chinesischen) Aktienmärkten führten, hält sich die Regierung bisher mit der Konkretisierung der angekündigten Fiskalmaßnahmen zurück. Aus unserer Sicht dürfte das Programm zwar die Konjunktur in China beflügeln, Impulse für die Weltwirtschaft dürften jedoch ausbleiben.

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