Politische Entwicklungen haben in den vergangenen Tagen auch an den internationalen Kapitalmärkten das Hauptaugenmerk auf sich gezogen, zunächst die US-Präsidentschaftswahl. Dabei überwog die Erleichterung über ein schnelles und eindeutiges Wahlergebnis sowie die Aussicht auf Steuersenkungen und eine allgemein wirtschaftsfreundlich erwartete Politik der künftigen US-Regierung unter Donald Trump. Entsprechend stiegen der Dollar sowie die Kurse von US-Aktienindizes und Bitcoin deutlich an. Nur verhalten hingegen fielen die Reaktionen bei europäischen Aktien aus. Die Sorge vor Zöllen und einer Verschärfung des Handelskonflikts mit den USA und daraus resultierend möglicherweise auch mit China sowie die Erwartung einer unberechenbareren Positionierung der US-Regierung bei wesentlichen geopolitischen Konflikten ließ anfängliche Kursgewinne schnell wieder abschmelzen. Der Goldpreis gab ebenfalls nach, denn höhere Zölle könnten die Inflation in den USA perspektivisch antreiben und daher könnten die Zinsen weniger stark sinken als bisher gedacht.
Überraschender brach dagegen die unerwartete Zuspitzung der politischen Lage in Deutschland über die Börsen herein. In den USA dürfte zwar derzeit allerdings kaum jemand Notiz von einer Regierungskrise in Deutschland nehmen. Womit wir aber bei einem der größten Probleme der Politik und des Standorts Deutschlands sind: die drohende Bedeutungslosigkeit. Für eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt ist das fatal. Daher ist ein politischer Neuanfang in Berlin zu begrüßen.
Es war schon lange zu offensichtlich, dass die Ampel-Koalition keine wesentlichen Entscheidungen mehr treffen konnte und das in einer Zeit, in der reihenweise grundlegende Neuausrichtungen von Unternehmen und vor allem auch von der Politik gefragt sind. Wir gehen davon aus, dass eine neue Regierung bei einigen Themen gänzlich andere Akzente und Schwerpunkte setzen wird – selbst, wenn eine der heutigen Ampel-Parteien dieser angehören sollte. Energiewende, Sicherheit, Migration, Infrastruktur, Technologie – man könnte die Liste der dringend anzupackenden To-dos noch verlängern.
Ein schnellstmöglicher Neustart wäre deshalb nicht nur wünschenswert, sondern auch dringend notwendig. Denn die Zeit drängt. In den USA, in China, Russland, Israel und an weiteren Brennpunkten werden tagtäglich Fakten geschaffen, die Deutschland gerade nicht aktiv mitgestalten kann. Bis zum Start der neuen US-Regierung am 20. Januar sollte Deutschland deshalb idealerweise ebenfalls wieder voll handlungsfähig sein.
Jetzt besteht die Chance eines ökonomischen und politischen Aufbruchs. Idealerweise sollte dieser in enger Koordination mit der Wirtschaft geschehen, aber auch zusammen mit der neuen EU-Kommission und anderen Staaten Europas. Wenn dies gelingt, könnten europäische Aktien im Vergleich zu ihren US-Pendants 2025 erstmals seit Jahren wieder besser abschneiden.