Die dgitalen Echtzeitanzeigen sollen die gedrückten Pläne künftig vollständig ersetzen. © Jens Hartmann
An den Bahnhöfen in Deutschland zeigen gedruckte Ankunftspläne bisher an, wann und auf welchem Gleis ein Zug ankommt. Damit will die Bahn zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember jedoch Schluss machen – wohl auch deshalb, weil die Züge sowieso fast immer später und auf anderen Gleisen ankommen als auf den großen weißen Plakaten steht.
Der Ankunftsplan stelle meist eine „überholte Datenlage“ dar, „die sich insbesondere aus den vielen Bauaktivitäten ergibt“, informiert das Unternehmen jedenfalls etwas hölzern auf der Webseite von InfraGo, der bundeseigenen Infrastrukturgesellschaft der Bahn. „Viel zuverlässiger erhalten Kund:innen die prognostizierte Ankunft und das disponierte Gleis aus den dynamischen Medien wie der Live-Ankunftstafel auf bahnhof.de.“ Übersetzt bedeutet das wohl: Bitte schauen Sie künftig auf den digitalen Tafeln am Bahnhof, in der App oder auf der Webseite nach, wann und wo der Zug heute ankommt – der ursprüngliche Fahrplan stimmt sowieso nicht. Zufallsprinzip statt Planbarkeit, unken Kritiker.
Für die Streichung des gedruckten Planes führt die Bahn neben den häufigen Umplanungen aber noch weitere Argumente an: Der Wegfall der großen Fahrpläne sei ein „Beitrag für die Umwelt durch Verzicht auf Papier“, heißt es auf der Webseite. Er schaffe „freiwerdende Vitrinenkapazität“, die beispielsweise für Änderungsfahrpläne genutzt werden könne. Durch den Rückbau von Vitrinen könne man zudem Platz auf dem Bahnsteig schaffen.
Die Bahn steht seit Langem wegen ihrer Unpünktlichkeit in der Kritik. Im Oktober kam fast jeder Reisende, der mit einem Zug im Fernverkehr unterwegs war, mit mehr als 15 Minuten Verspätung an, im Juni war es sogar fast jeder zweite. Die Schweizer Bahn SBB lässt deshalb regelmäßig deutsche Züge nicht mehr ins Land, weil sie mit ihren Verspätungen sogar den eng getakteten und meist sehr verlässlichen Fahrplan im Nachbarland durcheinanderbringen. Damit teilt sie laut „Süddeutscher Zeitung“ immerhin ein Schicksal mit dem französischen TGV. „Taktintegrierte internationale Züge bergen ein hohes Verspätungsrisiko“, erklärte Peter Füglistaler, der Direktor des Schweizer Bundesamtes für Verkehr.
Die jetzige Streichung der Papieraushänge in Deutschland betrifft übrigens nur die Ankunftspläne. Fahrgäste oder Personen, die Bahnreisende abholen, sollen zum Fahrplanwechsel vor Weihnachten einmalig mit einem Sonderplakat über die Änderung informiert und dort über einen QR-Code auf die Live-Ankunftstafel im Internet umgeleitet werden. Die gelben Abfahrtspläne bleiben dagegen. Sie geben Fahrgäste weiterhin Orientierung, wann und wo ein Zug abfährt – oder abfahren sollte.
HÖSS